Kommentar: Politiker in der Pflicht

Gegen die anhaltende Verdrängung einkommensschwacher Bewohner in beliebten Kiezen muss mehr unternommen werden.

Die Mietpreise in drei beliebten Kreuzberger Kiezen sind rasant gestiegen, ein Ende des Trends ist nicht abzusehen. Stadtforscher schließen nicht aus, dass es zu einer großflächigen Verdrängung der angestammten, oft einkommensschwachen Bevölkerung kommen kann. Die Politiker auf der unteren Ebene müssen dabei ziemlich machtlos zusehen. Und die Bürger? Dürfen zwar ab und zu ein Kreuzchen machen, ernst genommen werden sie aber noch lange nicht. Da sollte sich einiges ändern.

Durch Gesetzesänderungen auf Landes- und Bundesebene und eigentümerfreundliche Urteile können sich zahlungskräftige Akteure am Wohnungsmarkt gebaren, wie sie möchten. Dem Bezirk ist nur die Milieuschutzsatzung geblieben, um die schlimmsten Auswüchse zu verhindern. Der soziale Wohnungsbau - längst zu Grabe getragen.

Viele lokale Akteure schütteln darüber den Kopf. Kaum jemand möchte, dass sein Bezirk irgendwann wird wie die Straßen um den Hackeschen Markt, anonym, aufgesetzt, geschichtslos. Oder wie die Gegend um den Kollwitzplatz, die zwar für Neuberliner zwar total schick ist, die die ursprünglich dort lebenden Menschen aber höchstens noch von Ausflügen her kennen - sie mussten wegen der gestiegenen Mieten längst weichen.

Vielleicht hätten sie sich stärker wehren sollen. Nicht brav den Trend hinnehmen und an den Stadtrand ziehen. Sondern auf die Straße gehen. Wenn die Politik zuhört, ist ein Erfolg in der Sache erzielt und die Menschen im Kiez sind enger zusammengerückt.

Dafür müssen Politiker ihre Wähler jedoch ernst nehmen - und nicht wie Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer den Bürgerentscheid zu Mediaspree permanent als belanglos abkanzeln. Die Senatorin sollte ihre Energie dazu verwenden, den Bezirken mehr Macht in der Wohnungspolitik zuzuschustern. Mehr Möglichkeiten, den Prozess zu steuern, stärkere Prüfung.

Vielleicht birgt die Finanzkrise dafür eine Chance, nun, wo nach dem starken Staat gerufen wird. Im Sinne des Gemeinwohls wäre es wünschenswert.

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