Zahlen und Qualen: Polizisten bleiben im Dunkeln

Eine Kennzeichnung von Polizisten wird es ohne Zustimmung der Gewerkschaft kaum geben. Doch die ist dagegen.

Nicht sehr gut zu erkennen: Beamte einer geschlossenen Polizeieinheit beim 1. Mai in der Kreuzberger Nacht Bild: AP

Eine Kennzeichnungspflicht für alle Polizeibeamten in dieser Legislaturperiode wird immer unwahrscheinlicher. Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Carola Blum, hat in dieser Angelegenheit am Dienstag einen Brief an den Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg, geschrieben. Darin sichert sie zu, dass die GdP an der Meinungsbildung beteiligt wird. Die Gewerkschaft ist gegen die Einführung einer Kennzeichnungspflicht.

Wörtlich schreibt Blum an Schönberg: "Da wir uns dem gemeinsamen Bemühen um größtmögliche Transparenz und Bürgernähe der Berliner Polizei verpflichtet sehen, werden Sie - wie es vereinbart worden ist - an der Meinungsbildung innerhalb unserer Fraktion in geeigneter Form beteiligt werden." Der Pressesprecher der GdP, Klaus Eisenreich, sagt, Blum habe damit im Grunde genommen nur bekräftigt, was in der rot-roten Koalitionsvereinbarung von 2006 steht. Darin wird darauf verwiesen, dass inzwischen rund 8.000 Vollzugsbeamte ein Namensschild tragen; weitere Beamte tragen eine Nummernkennung - bei den sogenannten geschlossenen Einheiten allerdings nur als Gruppenkennzeichnung.

Nach einer weiteren Erprobungszeit bis Anfang 2008 solle überprüft werden, ob die Maßnahmen ausreichen. Dann kommt der Satz, auf den Eisenreich Bezug nimmt: "In die Überprüfung werden Hinweise und Stellungnahmen von Betroffenen, Anwälten von Betroffenen und entsprechenden Initiativen einbezogen."

Auch der innenpolitische Sprecher der FDP, Björn Jotzo, findet, die Einbindung von Personalräten der Gewerkschaften richtig. Aber wenn man sich nicht einigen könne, müsse die Kennzeichnung für alle trotzdem eingeführt werden. "Dass Polizisten zu identifizieren sind, ist für die Bürger zu wichtig, als dass dies vom Personalratsgeplänkel abhängig sei darf."

Bürgerrechtler kämpfen seit Jahrzehnten dafür, dass Polizisten durch Namen oder Nummern an den Uniformen erkennbar sind. Vor allem bei Demoeinsätzen wird beklagt, dass Polizisten der geschlossenen Einheiten, die über die Stränge schlagen, von Bürgern nicht namhaft zu machen sind.

Die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen Polizisten wegen Körperverletzung im Amt und die Zahl der Einstellungen ist seit Jahren konstant. 2006 wurden wegen dieses Vorwurfs insgesamt 761 Verfahren von der Kriminalpolizei bearbeitet, davon sollen 206 zum Nachteil von Festgenommenen geschehen sein. 684 Verfahren wurden eingestellt. 2005 waren es 747, davon 262 zum Nachteil Festgenommener, 736 Verfahren wurden eingestellt. 2004 waren es 811, davon 271 zum Nachteil Festgenommen, 759 Einstellungen.

GdP-Sprecher Eisenreich meint, die Kennzeichnung würde an der hohen Einstellungsquote nichts ändern. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Anzeigen handele es sich um Retourkutschen von Bürgern, die sich von der Polizei ungerecht behandelt fühlen. Aber selbst wenn das zutreffe, sei es kein Grund, die Einführung der Kennzeichnungspflicht abzulehnen, sagt der FDP-Abgeordnete Jotzo: "Ein einziger Fall, in dem ein Polizist deshalb nicht als Täter identifiziert werden kann, ist ein Fall zu viel."

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