Toter auf Charité-Klo: Schuld war nicht die Putzfrau

Im Fall einer lange unentdeckten Leiche hat die Charité Fehler eingeräumt. Die Toilette, in der der Tote lag, hätte bereits nach den ersten Hinweisen der Reinigungskräfte geöffnet werden müssen.

Viel Arbeit, wenig Lohn: das Los der meisten Putzfrauen und -männer Bild: AP

Der Tote hatte mehrere Tage unentdeckt auf einer Toilette des Uniklinikums Charité gelegen. Erst als es nach Verwesung roch, war die Leiche entdeckt worden. In einer Erklärung hat die Charité am Dienstag nun Fehler von Mitarbeitern eingeräumt. Versagt haben in dem Fall indes nicht, wie zunächst angenommen, die Reinigungskräfte. Sie hatten den Verantwortlichen vorschriftsgemäß Mitteilung von der verschlossenen Toilette gemacht.

Inzwischen ist bekannt geworden, dass der 29-jährige Tote mit dem Namen Stefan G. an einer Überdosis Heroin gestorben ist. Nach Angaben der Klink war der Drogenabhängige am 6. März in die Notaufnahme des Rudolf Virchow Klinikums gebracht worden. Kurz darauf sei er auf eigenen Wunsch wieder gegangen. Wie viele Tage der Mann schon tot war, als die Toilettentür am vergangenen Mittwoch - es war der 11. März - geöffnet wurde, geht aus der Erklärung der Charité nicht hervor.

Die Behindertentoilette, die sich in einem öffentlich zugänglichen Bereich außerhalb der Station befindet, werde planmäßig täglich gereinigt, teilte das Krankenhaus mit. Am 9. März habe die Reinigungskraft die Toilette verschlossen vorgefunden und daraufhin vorschriftsgemäß die Pflegekräfte der anliegenden Stationen informiert. Diese hätten ordnungsgemäß sichergestellt, dass kein Patient der umliegenden Stationen vermisst werde.

Für den Fall, dass Reinigungspersonal Toiletten verschlossen vorfindet, müsse eine spätere Reinigung am selben Tag erfolgen. Dies sei hier aber nicht geschehen, so die Charité. Am Dienstag habe eine andere Reinigungskraft die Tür ebenfalls verschlossen vorgefunden und darüber einen Gruppenleiter informiert. "Vorschriftswidrig" sei der Sicherheitsdienst dann jedoch erst am Mittwochmorgen beauftragt worden, die Tür zu öffnen. In der Toilette habe kontinuierlich eine Temperatur von 24 Grad geherrscht. Damit will die Charité offenbar den schnell einsetzenden Verwesungsprozess erklären.

Die Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt hatte den Vorfall zum Anlass genommen, der Charité einen "Sparwahn" im Reinigungssektor vorzuwerfen. Wenn Reinigungskräfte in immer kürzerer Zeit immer größere Flächen putzen müssten, "braucht man sich nicht über Versäumnisse zu wundern", so der Gewerkschaftssekretär Mirko Hawighorst. Die Charité wies das zurück. Es handele sich um einen "Einzelfall", der nichts mit den Arbeitsbedingungen der Reinigungskräfte zu tun habe.

Doch bereits im August 2007 hatte sich auf einem Charité Campus - diesmal in Steglitz - ein mysteriöser Todesfall ereignet. Damals war ein Obdachloser tot im Heizungskeller aufgefunden worden. Der 72-Jährige war bereits stark verwest.

Ein erfahrener Arzt einer anderen Klink warnt indes davor, deshalb den Stab über der Charité zu brechen. "Krankenhäuser sind öffentliche Häuser. So etwas kann überall passieren." Allerdings müssten solche Vorfälle die Sensibilität schärfen.

Als Konsequenz aus dem Fall hat die Charité ihre Mitarbeiter erneut angewiesen, Vorschriften bezüglich besetzter Toilettenräume unbedingt zu beachten. Das soll durch Stichproben sichergestellt werden.

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