Gleichstellung: Senat lässt Frauen in die Wirtschaft

Die Landesregieurng will nun doch für alle Vorstandsposten eine Stellenausschreibung veröffentlichen, damit sich mehr Frauen bewerben können. Das wollte Frauensenator Harald Wolf eigentlich verhindern.

Nach viel Kritik in den eigenen Reihen weht jetzt rechtzeitig zum Parteitag ein anderer Wind in der SPD-Frauenpolitik. Bild: AP

Das Berliner Gleichstellungsgesetz soll in Zukunft auch bei der Suche nach Vorstandsmitgliedern für landeseigene Unternehmen gelten. Kurz vor dem SPD-Parteitag am Sonntag entschärft der rot-rote Senat damit eine Debatte, die zuletzt für viel Sprengstoff gesorgt hatte. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte der taz: "Der Senat hat sich darauf verständigt, alle diese Vorstands-Postenbesetzungen dadurch zu öffnen, dass sie in den Tageszeitungen öffentlich ausgeschrieben werden. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, dass sich jeder Mensch auf eine solche Position bewerben kann." Die Entscheidung fiel bereits am Dienstag, wurde jedoch erst jetzt von Körting öffentlich gemacht.

Der Senat erfüllt so weitgehend die Forderungen vieler Frauen aus SPD und Linkspartei. Auf die Frage, ob die Entscheidung auch für die anstehende Besetzung des Vorstands der Investitionsbank Berlin (IBB) gilt, sagte Körting: "Ich gehe davon aus, dass das künftige Verfahren für alle frei gewordenen oder frei werdenden Posten so sein wird. Wie bei allen Ausschreibungen schließt dieses Verfahren nicht aus, dass man Menschen gezielt anspricht." Der Bankchef Dieter Puchta verlässt das Institut zum 1. August.

Die Abgeordnete Canan Bayram war in der vergangenen Woche von der SPD zu den Grünen gewechselt und hatte dies unter anderem mit der aus ihrer Sicht unzureichenden Frauenpolitik des Senats begründet. Sie hatte etwa kritisiert, dass der Posten des Finanzvorstands bei der BVG im vergangenen Jahr mit einem Mann besetzt worden war - ohne vorher über eine offene Stellenausschreibung Frauen die Möglichkeit zu geben, sich initiativ zu bewerben. Der linke Flügel der SPD hatte für den Landesparteitag am Sonntag einen Antrag eingebracht, laut dem die Besetzung des BVG-Vorstandspostens als "gravierender Regelverstoß" verurteilt werden sollte.

Im vergangenen Jahr hatte das Abgeordnetenhaus eine Gesetzesänderung beschlossen, wonach das Landesgleichstellungsgesetz "insbesondere auch bei der Besetzung der Organe" der landeseigenen Unternehmen gilt. Frauensenator Harald Wolf (Linkspartei) fühlte sich daran allerdings nicht gebunden. Die offene Ausschreibung sei kein taugliches Mittel, um Spitzenjobs etwa bei BVG oder IBB zu besetzen. Der stellvertretende Linke-Fraktionsvorsitzende Stefan Liebich hatte noch an diesem Montag gesagt, dass seine Fraktion die Auffassung von Wolf teilt.

Abgeordnete der Opposition hatten jedoch von einem klaren Rechtsbruch gesprochen. Diese Ansicht hatte nach taz-Informationen auch Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) im Senat vertreten. Die Grünen-Abgeordnete Anja Kofbinger hatte von "männlicher Arroganz der Macht" gesprochen und den Rücktritt von Senator Wolf gefordert.

Offen ist noch, ob der Senat auch die zuletzt abgeschlossenen Verträge mit Vorstandsmitgliedern wieder auflösen will. Genau das fordert der Antrag für den SPD-Landesparteitag: Die von den Sozialdemokraten gestellten Senatsmitglieder sollten "umgehend rechtlich prüfen, wie die schweren Verfahrensfehler geheilt werden können (Rückabwicklung, Vertragsauflösung)".

INNENSENATOR EHRHART KÖRTING

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.