Humboldt-Forum: Stiftung Stadtschloss schreckt den Schlossherrn

Das Bundeskabinett beschließt Gründung der "Stiftung Berliner Schloss - Humboldtforum". Die Stiftung wird Bauherr des 552-Millionen-Projekts und soll die fehlenden Gelder für die Fassade sammeln. Wird Schlossherr Boddien nun arbeitslos?

Ist das nicht paradox? Gestern hat die Bundesregierung die "Stiftung Berliner Schloss - Humboldtforum" gegründet, aber einer dürfte sich darüber am wenigsten gefreut haben: Wilhelm von Boddien. Denn der Vorstand des Schlossbau-Fördervereins, der seit Jahren Spenden für die Rekonstruktion der barocken Fassade sammelt, könnte seit Mittwoch überflüssig sein. Warum sollte man von Boddien, dessen Förderverein in den vergangenen Jahren nicht nur gute Nachrichten produzierte, jetzt noch Gelder übergeben, wo es doch dafür die neue Stiftung gibt? Eine Antwort auf die Frage blieb von Boddien schuldig. Der sonst so umtriebige Schlossherr war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.

Jetzt hat sich auch Bauminister Wolfgang Tiefensee eingemischt in die Debatte um die historische Stadtmitte gegenüber dem geplanten Humboldtschloss.

Er finde es gut, dass über die Zukunft der Freifläche nachgedacht wird, man müsse sich seiner baulichen Traditionen bewusst sein.

Klaus Wowereit (SPD) und sein Kulturstaatssekretär hatten die Diskussion über die künftige Gestaltung des Marx-Engels-Forum zwischen Alexanderplatz und Spree neu angestoßen. TAZ

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch mit der Gründung der Stiftung eine klare Antwort zur Finanzierung des Humboldt-Forums und besonders der Barockfassade gegeben. Weil die von Boddien bisher gesammelten rund 11 Millionen Euro weit entfernt sind vom anvisierten Ziel, 80 Millionen Euro Spendengelder aufzutreiben, übernimmt die Stiftung diese Aufgabe. Der Bund reagierte damit auf ein Anliegen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), dem Hauptnutzer des geplanten Humboldt-Forums.

Hermann Parzinger, der Präsident der SPK, hatte seit Längerem moniert, dass der Spendenerfolg "sich noch nicht eingestellt" habe. Allerdings entwickelten solche Spendenprojekte oft erst mit dem Baubeginn eine Eigendynamik, räumte er ein.

Wie CDU-Kulturstaatsminister Bernd Neumann am Mittwoch nach dem Kabinettsbeschluss erläuterte, werde die Stiftung auch Eigentümerin und Bauherrin des Stadtschlosses. Sie sei verantwortlich für die Verwirklichung des vom Bundestag beschlossenen "bedeutendsten nationalen Kulturprojektes". - "Mit der Gründung der Stiftung ist nun der Weg frei für eine zügige Umsetzung des Wiederaufbaus des Berliner Schlosses mit dem Humboldt-Forum", so der Staatsminister.

Der Stiftungsrat soll sich noch vor der Sommerpause konstituieren. Ihm sollen Mitglieder des Bundes, des Landes Berlin, der SPK sowie der weiteren Nutzer - Humboldt-Universität und Landesbibliothek - angehören. Der Rat beschließt das Arbeitsprogramm und entscheidet über Baufortgang und Finanzplan.

SPD-Bauminister Wolfgang Tiefensee, der sich ebenso wie Parzinger für die Gründung einer Stiftung starkgemacht hatte, sagte, der Kosten- und Zeitplan für das 552 Millionen Euro teure Bauvorhaben am Schlossplatz werde strikt eingehalten. "Die Kostenobergrenze ist sakrosankt". Baubeginn solle wie vorgesehen 2010, die Fertigstellung und Eröffnung im Jahr 2014 sein. "Wir sind exakt im Zeitplan, und ich bin optimistisch, dass wir das ehrgeizige Ziel erreichen."

Tiefensee wies gestern Vorwürfe zurück, der Bund dürfe wegen der Wirtschaftskrise nicht derartige Millionenprojekte umsetzen. Der Wiederaufbau des Stadtschlosses wird nach den Plänen des Italieners Franco Stella realisiert werden. Kritiker bezeichneten den Entwurf als banal.

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