Gleichstellung auf der Kippe

FRAUEN AN UNIS Neue Hochschulverträge bringen weniger Geld für die Gleichstellung, befürchten die Unis. Schon jetzt ist die Planung unsicher

„Gleichstellungsförderung ist kein selbstverständlicher Wert“

FRAUENBEAUFTRAGTE DER CHARITÉ

Die Berliner Hochschulen fürchten um ihre Gleichstellungspolitik. „Wir haben keine Planungssicherheit“, kritisiert Heidi Degethoff de Campos, Frauenbeauftragte der Technischen Universität (TU), die aktuelle Situation.

Hintergrund ist die Umstrukturierung der Hochschulfinanzierung. Die derzeitigen Verträge laufen zum Jahresende aus. Wie viel Geld und nach welchen Kriterien es im kommenden Jahr an die Hochschulen fließt, ist bislang unklar.

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) hatte am vergangenen Samstag Eckpunkte eines Vorschlags zur weiteren Finanzierung vorgelegt. Diese sehen unter anderem eine „leistungsbasierte Hochschulfinanzierung“ ab kommendem Jahr vor. Leistungsbasiert soll laut der Senatsverwaltung für Bildung jede Leistung sein, die die Qualität von Lehre oder Forschung steigere – zum Beispiel im Hinblick auf eingeworbene Drittmittel.

Innerhalb dieses Topfs sind knappe 3 Prozent für die Gleichstellung vorgesehen. Wie viel Geld das jedoch ist, ist ebenso unklar wie die Gesamtsumme. Auch ob die Hochschulen dem Vorschlag zustimmen werden, steht noch nicht fest. Die nächste Sitzung der Rektoren und Präsidenten soll am heutigen Donnerstag stattfinden. Laut einem Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung hofft Zöllner auf „deutliche Fortschritte im Laufe des Juni“.

Die Frauenbeauftragten der Hochschulen befürchten nun, dass bei der Gleichstellung zuerst gespart wird. „Gleichstellungsförderung ist noch kein selbstverständlicher Wert an den Hochschulen“, kritisiert Christine Kurmeyer, Frauenbeauftragte an der Charité. Die Ausgaben würden häufig noch als „Luxus“ betrachtet, der Kürzungen zuerst zum Opfer fallen würde. Doch schon jetzt gebe es ein Problem, weil für das kommende Jahr keine Projekte oder Programme geplant, geschweige denn beworben werden könnten.

„Wir haben das Gefühl, dass wir noch fünf bis zehn Jahre an kontinuierlicher Förderung brauchen würden“, damit sich die Gleichstellung hochschulpolitisch festigen könne, so Kurmeyer. Falle die Finanzierung weg, würden die Berliner Hochschulen um Jahrzehnte zurückgeworfen.

Denn im bundesweiten Vergleich liegen die hiesigen Universitäten vorne: Erst im Dezember verkündete der Senat, dass Berlin beim Gleichstellungsranking der Hochschulen auf Platz 1 steht. Im vorletzten Wintersemester war knapp jede vierte Professorenstelle von einer Frau besetzt – bundesweit war es jede sechste. Noch vor neun Jahren hatte in Berlin nicht einmal jede siebte Professorenstelle eine Frau inne. SVENJA BERGT