Bleiberecht: Kaum Chancen für Joblose

Heute treffen sich die Innenminister in Bremen. Der Gastgeber, Bremens Innensenator Mäurer (SPD) fordert die CDU auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben, Flüchtlingsorganisationen wollen protestieren.

Bleiberechts-Demo der"Jugendlichen ohne Grenzen" bei der Innenministerkonferenz in Berlin. Bild: Christian Jakob

Die Liste der Appelle ist lang. Die Gesellschaft für bedrohte Völker, Kirchen und Bischöfe, Wohlfahrts- und natürlich Flüchtlingsverbände: Sie alle fordern, dass die heute beginnende Innenministerkonferenz (IMK) eine Lösung für die Zehntausenden beschließt, die mit so genannten Kettenduldungen in Deutschland leben. "Ein dauerhaftes Bleiberecht wäre menschlich das Richtige," schrieb gar der Ex-CDU-Bundesinnenminister und Präsident des Roten Kreuzes, Rudolf Seiters an den Vorsitzenden der IMK, den Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD).

Dabei ist Mäurer eigentlich gar nicht der richtige Adressat. Denn ginge es nach den SPD-geführten Ländern, dann gäbe es bereits eine Anschlussregelung für den am 31. Dezember auslaufenden "Bleiberechtskompromiss". Bei der letzten IMK, die ebenfalls unter Vorsitz Mäurers im Juni in Bremerhaven stattfand, blockte nämlich die CDU alle - dürftigen - Kompromissvorschläge aus der SPD ab. Und was diesmal aus den IMK-Vorverhandlungen nach Außen dringt, gibt erneut Anlass zur Skepsis. Er hoffe, diesmal mit den CDU-Kollegen einen "kleinsten gemeinsamen Nenner" zu finden, sagte Gastgeber Mäurer gestern der Deutschen Presseagentur. Doch "der Zug ist eigentlich weitestgehend abgefahren, um diesen Menschen zu helfen."

Über 100.000 Menschen leben hier als Geduldete, rund 60.000 davon langjährig. Sie sollen Deutschland verlassen, können aber nicht abgeschoben werden. Trotzdem dürfen sie meist nicht arbeiten oder studieren. Sie müssen in Wohnheimen leben und kriegen weniger Sozialhilfe. So will der Staat verhindern, dass die Ausreisepflichtigen - meist sind es abgelehnte Asylbewerber - hier Fuß fassen, obwohl das Land oft längst ihr Lebensmittelpunkt ist.

2007 hatte die große Koalition beschlossen, geduldeten Flüchtlingen eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe zu gewähren. Damit diese verlängert wird, müssen sie bis Ende des Jahres unter anderem eine Arbeitsstelle vorweisen können. Wegen des Stichtags und etlicher "Ausnahmetatbestände" konnten nur rund 30.000 Menschen davon profitieren. Vielen, die keinen Job fanden, droht jetzt der Rückfall in die Duldung. Wie sich die CDU diesmal verhalten wird, ist noch offen. Einige konservative Politiker wollen die Frist zur Jobsuche offenbar um zwei Jahre verlängern. "Das schiebt das Elend nur auf," sagt Pro Asyl, für Geduldete gebe es einfach kaum Jobs. Mäurer will deshalb bereits das "Bemühen" um einen Job zur Grundlage für einen gesicherten Aufenthalt machen.

Für Britta Ratsch-Menke vom Bremer Flüchtlingsrat kann das "höchstens ein Anfang sein". Denn auch so blieben zehntausende Menschen in "Kettenduldungen" gefangen. Sowohl die Ausnahmetatbestände als auch die Fristenregelung hätten die meisten Geduldeten von vornherein ausgeschlossen.

Seit Monaten hat deshalb der Flüchtlingsrat mit einem Bündnis von über 30 antirassistischen Gruppen Protestaktionen vorbereitet. Unter dem Motto "Hier Gelieben" findet heute eine Auftaktdemonstration statt. Mehrere Hundert Menschen werden erwartet, selbst aus Bayern haben sich DemonstrantInnen angekündigt. Ab morgen treffen sich die "Jugendlichen ohne Grenzen", eine Gruppe langjährig geduldeter Jugendlicher, zu ihrer Gegenkonferenz. Am Donnerstagabend wollen sie bei einer Gala in der Stephaniegemeinde den "Abschiebeminister des Jahres" wählen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.