Autonome Nationalisten: Nazi bald mit Abitur

An einem Gymnasium wurde ein Oberstüfler als Neonazi-Kader geoutet. Dort ist er "unauffällig". Dennoch fordert die Antifa, ihn rauszuwerfen.

Die "Autonomen Nationalisten" Delmenhorst auf dem Weg zu einer Gerichtsverhandlung im Juli. Bild: Recherche Nord

"Achtung Nazi!" stand auf dem Flugblatt, das in letzter Zeit mehrfach, morgens vor Unterrichtsbeginn, an die Gymnasiasten der Freien Evangelischen Bekenntnisschule (FEBB) in Habenhausen verteilt wurde. Es ging um einen ihrer Mitschüler: "In der Schule gibt er sich unauffällig, doch in seinem Wohnort Delmenhorst ist er einer der aktivsten Nazis," hieß es weiter. Darunter zeigt ein Foto den Oberstüfler Kevin B., an einem Wahlkampfstand der NPD in Delmenhorst.

Delmenhorst ist zu einer Hochburg der so genannten "Autonomen Nationalisten" geworden. In den letzten Monaten kam es dort immer wieder zu Überfällen. Autos der Eltern junger Linker wurden zerstört, im November griffen 30 teilweise vermummte Neonazis mit Schlagstöcken und CS-Gas einen Jugendtreffpunkt an. Kurz darauf überfielen zwei Männer und eine Frau aus der rechten Szene einen türkischen Jugendlichen. Mit Karabinerhaken verletzten sie den 24-Jährigen am Kopf. "Sie hatten das Opfer festgehalten, geschlagen und getreten", schrieb die Polizei in ihren Bericht.

Für die Antifas, die B. in Habenhausen outeten, ist der Schüler "nicht irgendein Mitläufer", sondern eine wichtige Figur der erstarkenden rechtsextremen Szene im Bremer Umland. In der Tat ist B. im Internet etwa auf einem Mobilisierungsvideo für eine Neonazi-Demo zum 20. Jahrestag des Mauerfalls zu sehen. Er hält eine riesige "Junge Nationalisten"-Fahne, während Nazi-Kader darüber schwadronieren, das "volksfeindliche, aufgezwungene System" der BRD "endlich hinwegzufegen". Im Sommer wurde B. zu einer Geldbuße und Sozialstunden verurteilt, weil er Werbung für die Website der "Autonomen Nationalisten" Delmenhorst gemacht hatte. Letzter Eintrag dort: Ein Bericht von ihrem Fackelmarsch am Volkstrauertag, bei dem der Waffen-SS als "Helden" gedacht wurde.

Vor der FEBB hat B. das Gymnasium Ganderkesee besucht. Dort gab es im vergangenen Jahr eine Veranstaltung zu "Prävention gegen Rechtsextremismus im Alltag". Eine Gruppe Autonomer Nationalisten stürmte den Saal, per Megaphon riefen sie "Nationaler Sozialismus - jetzt" und bedrohten die Zuhörer. Danach verließ B. das Gymnasium - offiziell "auf eigenen Wunsch" und wechselte an die FEBB.

Die ist eine Privatschule in freier Trägerschaft. Sie ist stolz darauf, als "Partnerschule" von Werder Bremen Aktionen für Gewaltlosigkeit und gegen Diskriminierung zu organisieren. Wenn es nach der Antifa geht, sollte das Konsequenzen haben: "Es kann nicht sein, dass so jemand da Abitur machen darf. B. müsste von der Schule fliegen".

Die wurde über B.s zweifelhafte politische Aktivitäten nicht erst durch die Outing-Aktion informiert. "Das haben wir schon früher erfahren," sagt der stellvertretende FEBB-Direktor, Herbert Kipp. Kurz nach den Sommerferien habe es deshalb Gespräche mit und über B. gegeben. Was dabei herauskam, sei jedoch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Entscheidend sei, dass B. an der FEBB "nicht auffällig ist" - und zwar "weder im Unterricht noch außerunterrichtlich" so Kipp. Allerdings habe man sich an die Polizei gewandt, als B.s Gesinnung offenbar wurde.

Auch dort hat man B. zwar im Auge, sieht aber im Moment keinen Anlass zu handeln. "An der Schule hat der bisher nichts gemacht. Außerhalb der Schule allerdings schon," sagt Hannes Leefers, der Kontaktbereichspolizist für Habenhausen. "Deswegen beobachten wir das nur. Wenn er anfangen würde, an der Schule zu agitieren, dann wäre das natürlich was anderes."

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