Polizei sieht Datenschutz locker

Laut Jahresbericht des Datenschutzbeauftragten haben sich in mindestens zwei Fällen Polizisten für private Zwecke an vertraulichen Daten vergriffen – ohne Konsequenzen für die Beamten

Von Klaus Wolschner

In wenigen Jahren wird man nicht mehr rauchfreie Räume, sondern „überwachungsfreie Räume“ fordern, glaubt der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Sven Holst. In seinem am Freitag vorgestellten Jahresbericht für 2007 hat er Fälle zusammengetragen, die dieser Forderung Vorschub leisten dürften. Sie zeigen: bei denen, denen der Bürger seine Daten anvertrauen muss, hapert es gehörig mit dem Bewusstsein für das Datenschutzproblem.

Da wird einem Mann am Telefon erklärt, seine Tochter habe morgens einen Jungen, der auf dem Fahrrad unterwegs war, angefahren. Der Mann ist verwundert, zwar stimmen die Angaben über das Auto seiner Tochter – aber die lebt in einer anderen Stadt und war nicht auf Besuch. Später stellt sich heraus, dass der Angefahrene der Sohn eines Polizisten ist. Der hatte kurzerhand auf eigene Faust eine eigene kleine Rasterfahndung durchgeführt und festgestellt, wer in der Straße den betreffenden Fahrzeugtyp gemeldet hat. Der Vater des Jungen verlangte mündlich eine „Schadensersatzregulierung“ – eine Anzeige erstattet er nicht. Bei der Polizei war der Vorgang also nicht aktenkundig. Auf die Beschwerde des Datenschutzbeauftragten hin führte die Polizei mit dem betreffenden Beamten ein „dienstliches Gespräch“. Damit war der Fall für sie erledigt. „Wiederholungsgefahr“ bestehe nicht, Holst wurde abserviert.

In einem anderen Fall hatte ein Mann Streit mit seiner Autowerkstatt über eine Rechnung. Daraufhin sei er vom Werkstattleiter im Beisein von dessen Vater, einem Polizeibeamten, „unter Druck gesetzt“ worden. Wenig später habe sein Arbeitgeber einen anonymen Brief erhalten. In dem stand, dass der Mann „strafrechtlich in Erscheinung getreten“ sei. Der Datenschutzbeauftragte überprüfte, wer auf die entsprechenden Daten zugegriffen hatte – und siehe da: Es handelte sich um den Vater des Werkstattbesitzers. „Ohne erkennbaren dienstlichen Hintergrund“ habe dieser die persönlichen Daten des Kunden seines Sohnes im polizeilichen Informationssystem abgefragt.

Das ist ein Dienstvergehen, wird strafrechtlich gar als „Verrat von Dienstgeheimnissen“ gewertet. Auf seine Anfrage bei der Polizei, warum das Verhalten des Beamten nicht geahndet worden sei, hat Holst dennoch keine Antwort bekommen.

Solch lascher Umgang mit Daten bei Sicherheitsbehörden scheint kein spezifisch deutsches Problem zu sein. So hat der amerikanische Geheimdienst NSA hat, wie Holst berichtet, rechtswidrig die Telefonverbindungen von 200 Millionen Amerikanern gesammelt.

Der Bericht im Wortlaut: http://www.datenschutz-bremen.de/