Flughafen-Chef stolpert über sich

Flughafen-Chef Manfred Ernst (SPD) regierte mit selbstherrlicher Hand und einem eigenen Clan. Sein Wunsch, noch zwei Jahre weitermachen zu dürfen, wird von Insidern heftig torpediert

VON KLAUS WOLSCHNER

In der ersten Etage des Flughafen-Verwaltungsgebäudes fehlt seit einigen Tagen das Namensschild an einer der Türen. „Kühn“ stand, da, Hans-Joachim Kühn, seit fünf Jahren die rechte Hand des Flughafen-Chefs Manfred Ernst. Noch auf der letzten Weihnachtsfeier hatte Ernst die Verdienste des Mannes über den grünen Klee gelobt. Kühn kam im Grunde wie jeder Angestellte täglich in sein Büro. Was die wenigsten wussten: Er war kein Angestellter – sondern hatte einen Beratervertrag über 80.000 Euro im Jahr.

Den Beratervertrag hatte der Aufsichtsrat nie gesehen. Sonst wäre vielleicht jemand stutzig geworden: Die Firma, auf die der Vertrag ausgestellt war, hat ihren Briefkasten im schweizerischen Zug – „Converant-AG“ lautet ihr schöner Name. Kühn selbst hat seinen Wohnsitz offiziell in London. Jetzt hat sich bei Buten & Binnen der Insolvenzverwalter Frank-M. Rhode zu Wort gemeldet, der einen Reim auf die Geschichte hat: Er führt das Privatinsolvenzverfahren über Kühn, es geht um mehrere Reisebüros, um rund 400.000 Euro. Der Insolvenzverwalter ist sich sicher: Da hat jemand mit Hilfe eines Schweizer Kontos Geld an den Gläubigern vorbei geschleust. Er hat Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Der Wirtschaftssenator Ralf Nagel (SPD), Aufsichtsratschef der Bremer Flughafen GmbH, war am vergangenen Freitag in jeder Weise überrascht von diesen Details – und auch davon, dass der Flughafen-Chef Ernst selbst die Aufklärung in die Hand nehmen wollte, ein Wirtschaftsprüfer war schon im Haus. Nagel pfiff seinen Flughafen-Chef zurück und bestellte einen anderen Wirtschaftsprüfer, der nun im Auftrage der Aufsichtsbehörde prüfen soll.

Damit ist es wohl aus mit den Hoffnungen des Flughafen-Chefs, über seinen 65sten Geburtstag hinaus noch zwei Jahre seinen Vertrag verlängert zu bekommen. Offensichtlich um dies zu torpedieren, waren in der letzten Woche einige pikante Details aus dem Geschäftsgebaren des selbstherrlichen Flughafen-Chefs kolportiert worden. So fährt der Chef einen stattlichen Diesel, reichte aber für mehr als 1.000 Euro Tankquittungen für Normalbenzin ein. Für den Golf seiner Frau, wie er intern erklärte. Das Kennzeichen des Fahrzeugs, dass seine Frau sehr preiswert vom Flughafen übernommen haben soll, ist „LE“. Mitarbeitern des Airports fällt dabei „Lars Ernst“ ein, der Sohn, der auch häufig mit dem Golf zum Dienst kommt. Sohn Lars Ernst ist nicht nur Ratsherr in der Samtgemeinde Eystrup, wo sein Vater zweiter Bürgermeister ist, sondern auch in einer Tochterfirma des Flughafens angestellt. Der Sohn, Jurist von Beruf, hat beim Flughafen Hamburg das technische Handwerk kennen gelernt und überwacht nun den Service für Ryanair. Auch die Schwiegertochter ist im Flughafen untergebracht, sie ist stellvertretende Pressesprecherin des Flughafens. Man geht allgemein davon aus, dass sie im kommenden Jahr neue Kommunikationschefin werden soll – wenn es nach Manfred Ernst geht.

Derzeit sieht es aber eher so aus, dass Manfred Ernst dann selbst geht. Die Forderung einer vorläufigen Suspendierung, die der Betriebsrat erhoben hat, lehnt der Wirtschaftssenator zwar noch ab, aber Vertrauen kann man das nicht mehr nennen, was zwischen dem Aufsichtsratschef und seinem Geschäftsführer herrscht.

Und auch die Führungsstruktur des Flughafens wirft Fragen auf. Vor vier Jahren wurden sechs Abteilungsleiter zu Prokuristen befördert. Da Manfred Ernst aber offenkundig lieber mit seinem Berater Kühn zusammenarbeitet als mit seinen Prokuristen, herrscht dicke Luft in der Flughafen-GmbH. Seit einiger Zeit gehen die Herren in zwei Gruppen getrennt ihren Mittags-Cappuccino trinken. Da es in Airport-City wenig Cafés gibt, passiert das im Grunde vor den Augen aller MitarbeiterInnen.