Immer mehr Geringverdiener

NIEDRIGLOHN Die Zahl der Menschen, deren Einkommen trotz Vollzeitarbeit nur knapp über der Bedürftigkeitsschwelle für Hartz IV liegt, stieg in Bremen

Der Niedriglohnsektor in Bremen wächst. 2007 lag der Anteil der niedrig Entlohnten bei 20 Prozent der Vollzeitbeschäftigten. Jeder Fünfte verdiente weniger als 1.765 Euro brutto im Monat. Im Jahr 2000 hatte ihr Anteil noch bei 15 Prozent gelegen.

Verglichen haben die Arbeitnehmerkammer und das Statistische Landesamt die Beschäftigtendaten der Jahre 2000 und 2007. Besonders drastisch stieg der Anteil derer, deren Einkommen unter 1.300 Euro und damit knapp über der Grenze zur Hilfebedürftigkeit liegen. Ihr Anteil wuchs von 20 auf 30 Prozent. Damit entspricht er zwar dem Bundesdurchschnitt, ist aber höher als in anderen Großstädten. So verdiente in Hamburg und Hannover 2007 jede Vierte etwas mehr, als die Hartz IV-Bedürftigkeitsschwelle. Unter dieser Schwelle lagen in Bremen 34.000 Beschäftigte. 2000 waren es noch 23.000 gewesen.

„Spürbar niedriger“ seien dabei die Einkommen von Frauen, heißt es in der Studie. Die verdienten 2007 – auch in Vollzeit – ein Viertel weniger als Männer.

Dass der Niedriglohnsektor in Bremen stärker gewachsen ist als in anderen Großstädten, sei strukturbedingt, erklärt Bernd Strüßmann, Referent für regionale Strukturpolitik bei der Kammer. „Die Frage ist, wie hoch der Anteil der Beschäftigung im öffentlichen Dienst und der Industrie ist“, erklärt er, „denn dort werden tariflich festgelegte Löhne gezahlt“. Die Logistikbranche, der Einzelhandel und Tourismus – typische Niedriglohn-Branchen – seien hier ausgeprägter als anderswo.

„Das Problem ist, dass die Löhne deutlich unter Druck geraten sind“, so Strüßmann. Das liege an der „Hochkonjunktur der atypischen Beschäftigung“. Teilzeit-, befristete und geringfügige Beschäftigung würden vor allem im Einzelhandel als „Instrumente zur Rationalisierung“ genutzt. „Wenn es darum geht, die Geschäftszeiten auszuweiten, sucht man Organisationsformen, bei denen der Personaleinsatz möglichst klein bleibt.“ Etwa, indem in Supermärkten zusätzliches Personal nur während der Stoßzeiten eingesetzt wird. Ein weiteres Problem: Der Einsatz von ZeitarbeiterInnen. Deren Anteil sei mit vier Prozent der Beschäftigten in Bremen besonders hoch. „In vielen Bereichen setzt man eher auf Arbeitskräfte, die man schnell wieder los wird“, so Strüßmann. „Für die Betriebe bedeutet das mehr Flexibilität“, sagt er, „für die Beschäftigten selbst heißt das aber mehr Unsicherheit und sinkende Löhne“. AG