Eine Partei fährt hoch

Die Piratenpartei Deutschland hat nun auch einen Landesverband Hamburg. Die Mitglieder lernten sich im Internet kennen und fordern freien Zugang zu Wissen – und den Schutz persönlicher Daten

VON JAN DREYLING

Genau 606 Jahre nach Klaus Störtebekers Tod versammeln sich 20 moderne „Piraten“ in einem kleinen Raum des Bramfelder Kulturhauses Brakula. Neben der bekannten Totenkopf-Flagge hängt ein neues, orangefarbenes Banner. Auf dem steht P.P. für Piratenpartei.

Bei lediglich 10 Stimmberechtigten zur Wahl des Vorstandes und des Spitzenkandidaten wirkt der Parteitag am Sonntag wie eine familiäre Veranstaltung. Die formellen Schritte zur Gründung verlaufen klassischer Weise chaotisch – die Piraten befinden sich noch in einer frühen Phase. „Wir sind eine thematisch orientierte Partei in der Entwicklung“, sagt Heiko, der Moderator der Sitzung, und stellt die Themenschwerpunkte der Partei vor: Stärkung des Datenschutzes, Transparenz in der Politik, Reform des Urheberrechts und freien Zugang zu Wissen. Dabei dreht es sich immer wieder um digitalisierte Informationen im Internet.

Selbstverständlich liegen dort auch die Wurzeln der Gemeinschaft: Als Software-Entwickler, IT-Berater und Homepage-Designer haben die Mitglieder der Piratenpartei von Haus aus mit dem Computer zu tun. Man lernte sich in einem Forum kennen, und merkte, dass die gesellschaftlichen Auswirkungen der digitalen Revolution von den etablierten Parteien noch weitgehend übersehen werden.

Dabei sind die Auswirkungen des staatlichen Handelns auf das digitale Leben für den Münsteraner Jens Seipenbusch, Bundesvorsitzender der Piratenpartei, höchst brisant: „Für das Internet gibt es immer noch keine gesetzliche Regelung, die meine persönlichen Daten vor Staat und Wirtschaft schützen.“ Die Forderung nach einer gesicherten Privatsphäre soll auch eine Antwort auf die aktuellen Vorhaben von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Online-Durchsuchung sein. In dieser Sache sind sich die Piraten einig: Ein Überwachungsstaat ist mit den neuen Technologien immer leichter zu bewerkstelligen. „Dass ich an diesem Sonntagnachmittag von Niedersachsen nach Hamburg gereist bin, geht zunächst niemanden etwas an“, stellte ein Parteipirat schon fast verärgert klar.

Neben dem Schutz des Privaten geht es auch um die Informationsfreiheit. Darum sind die Piraten in einigen Kreisen auch als Filesharing-Gemeinde bekannt, die Downloads legalisiert haben wollen. Doch Seipenbusch wehrt sich dagegen: „Im Zuge der Globalisierung prallen Copyright-Vorstellungen aufeinander. Wir sind für frei zugängliches Wissen.“

Seipenbusch freute sich aber nun erst einmal über die Gründung des Verbands: „Nach der positiven Resonanz in „unserer“ Welt, der Blogosphäre, wollen wir unsere Ideen nach außen bringen. In den Vorstand des bundesweit sechsten Landesverbandes der Piratenpartei wurden Martin Gehrdau, Robert Macholdt und Gunnar Thöle gewählt. Als Spitzenkanditat soll Bernhard Schillo bei der Bürgerschaftswahl fungieren, falls die nötigen Unterschriften gesammelt werden.