Wahlkampf-Klima im Rathaus

Der geplante Bau des Kohlekraftwerks Moorburg erregt in der Bürgerschaft die Gemüter: SPD und GAL sehen den Senat als Klimakiller, der aber verteidigt den Kraftwerksbau als Beitrag zum weltweiten Klimaschutz

Es war das einzige Thema der Aktuellen Stunde. Eindreiviertel Stunden lang debattierten gestern in der Bürgerschaft ein Dutzend Abgeordnete, zwei Senatoren und kein Bürgermeister das geplante neue Groß-Kohlekraftwerk in Moorburg. Zahlenspiele und windige Prognosen standen im Vordergrund – und eine Erkenntnis: Um Kohle wird es im Hamburger Wahlkampf diesmal verstärkt gehen.

Harsch kritisierten SPD und Grüne die vom Senat ausgesprochene Baugenehmigung für den Meiler: Ole von Beust sei ein „Klimakiller“, urteilte GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch, da das geplante „Monsterkraftwerk“ nun „mindestens 40 Jahre“ jährlich acht Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre blase. Ausführlich zitierte Goetsch in ihren Beiträgen einen taz-Artikel, in dem Ärzte vor den Folgen des Feinstaubs warnten, den Kohlekraftwerke ausstoßen.

Zudem kritisierten die Oppositionspolitiker, dass es keine Abnehmer für die in Moorburg produzierte Fernwärme gebe. Auch funktioniere die in Aussicht gestellte Abscheidung und anschließende Lagerung des Klimagiftes CO2 noch nicht einmal im Ansatz, und zusammen mit dem geplanten Bau mehrerer Kohlekraftwerksblöcke in Brunsbüttel entstünden im Norden „gewaltige Überkapazitäten im Kraftwerksbereich“. Deshalb, so die SPD-Abgeordnete Monika Schaal, „wollen wir diese Dreckschleuder“ nicht.

Während Bürgermeister Ole von Beust selbst nicht in die Debatte eingriff, schickte er zwei seiner CDU-Senatoren in die Bütt. Wirtschaftssenator Gunnar Uldall erkannte prompt, dass das Klimaproblem praktisch gelöst sei, wären doch weltweit alle Kohlekraftwerke so „effizient und umweltfreundlich“ wie das in Moorburg geplante.

Sein Kollege von der Umwelt, Axel Gedaschko prognostizierte eine Verbesserung der deutschen CO2-Bilanz: Ein Kraftwerk wie Moorburg führe dazu, dass „alte Kohle-Dreckschleudern abgeschafft“ werden. Dass dies allerdings auch tatsächlich passiere, konnte Gedaschko dann aber nicht stichhaltig belegen.

Für den CDU-Mann Rüdiger Kruse ergaben sich aus der von SPD und GAL – mit stark voneinander abweichenden Zahlen – unterfütterte These von den Überkapazitäten keine Probleme. Denn, so Kruse wörtlich: „Mangel gibt es nur im Sozialismus.“ Diese kompakte Analyse konnte dann nicht mal mehr von Kruse selbst getoppt werden: Würden SPD und Grüne „der Kernkraft als Übergangstechnologie“ zustimmen, behauptete Kruse, hätte die Bürgerschaft sich „diese ganze Debatte einfach sparen können“. MARCO CARINI