Kontrolleure loben sich selbst

Hamburgs erster Verbraucherschutzbericht liegt vor. Sozialsenatorin Schnieber-Jastram und ihre Behörde sprechen von einem Erfolg. Dagegen ist die Verbraucherzentrale skeptisch

VON THOMAS EWALD

„Was täglich zählt“: Unter diesem Titel stellte am Freitag die Sozialbehörde gemeinsam mit dem Institut für Hygiene und Umwelt den Verbraucherschutzbericht 2006 vor. Von 22.500 Lebensmittelproben, die 2006 im Hygiene-Institut kontrolliert wurden, durften diesem ersten Bericht seiner Art zufolge 13 Prozent nicht auf den Markt gelangen. Häufigste Mängel waren falsche Kennzeichnung oder Belastungen mit Bakterien und Keime oder Schadstoffen.

„Lebensmittel und andere Waren haben sich in den letzten Jahren nicht verschlechtert, im Gegenteil“, sagte Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) bei der Vorstellung des Druckwerks: „Wir finden aber inzwischen mehr Mängel, weil wir gezielter und intensiver kontrollieren.“ In der Tat wurden 2006 20 Prozent mehr Stichproben genommen und geprüft. Als Hafenstandort trägt Hamburg die europaweite Verantwortung für alle Güter, die hier anlanden. Was im Hafen kontrolliert wurde, kann ohne weitere Überprüfungen in der ganzen EU verkauft werden.

Die Hamburger Verbraucherzentrale sieht die nun vorgelegten Zahlen als Augenwischerei an. Solange bei Verstößen gegen das Lebensmittelgesetz Ross und Reiter nicht genannt würden, passiere auch nichts, sagte Verbraucherschützerin Silke Schwartau. Was nütze es zu wissen, wie viel schlechte Ware hergestellt und geliefert worden sei, fragte sie, wenn der Verbraucher nicht wisse, von welchem Hersteller sie stammt. Da sei eine Beanstandungsquote von 13 Prozent auch kein Erfolg, so Schwartau: „Das wird runtergespielt.“

„Wenn ein Unternehmen es darauf anlegt, also mit krimineller Energie vorgeht, sind einem die Hände gebunden“, sagte Wilhelm Thiele, Leiter des Amts für Arbeits- und Verbraucherschutz: Skandale wie etwa Gammelfleisch-Funde werde der Verbraucherschutz auch in Zukunft nur mit Hilfe des Zufalls aufdecken können.

Lob fand die Verbraucherzentrale immerhin für das „intelligente Kontrollsystem“. In Hamburg werden Lebensmittelkontrollen risikoabhängig durchgeführt: Ist ein Betrieb einmal aufgefallen, kommen die Kontrolleure häufiger und können dadurch schwarze Schafe in der Lebensmittelbranche stärker unter Druck setzen. Andererseits setzen die Behörden auch auf die Eigenkontrolle der Betriebe, sodass der Verbraucher wohl kaum aller Sorgen enthoben sein dürfte: In den Unternehmen helfen die Kontrolleure bei der Einrichtung einer so genannten Gefährdungsdokumentation, in der etwa Unterbrechungen der Kühlkette oder andere möglicherweise folgenträchtige Ereignisse eingetragen werden. Bei Unregelmäßigkeiten in dieser Dokumentation schließen die Prüfer auf fehlerhafte Eigenkontrolle im Betrieb und handeln erst dann.

Ein anderes Problem hat die Verbraucherzentrale mit der Schwerpunktsetzung der Kontrollen: Es fehle das Engagement etwa bei Strom- und Gasanbietern oder kriminellen Internetangeboten.