Radio-Rechner in Polizei-Gewahrsam

Trotz eines richterlichen Beschlusses gibt die Polizei seit Wochen mehrere Computer des Senders FSK nicht wieder heraus. Für die Staatsanwaltschaft ein ganz normaler Vorgang – die SPD fragt den Senat, ob das wirklich so ist

Die MacherInnen des Freien Sender Kombinats (FSK) sind sauer. Seit dem 2. Juli bereits liegt ein Beschluss des Ermittlungsrichters vor, demzufolge die Redaktionsunterlagen und Computer, die im Zuge einer Hausdurchsuchung bei FSK-Redakteur Jens Stuhlmann beschlagnahmt worden waren, herauszugeben sind. Doch Polizei und Staatsanwaltschaft halten das Material noch immer unter Verschluss. „Die Polizei agiert außerhalb rechtsstaatlicher Grenzen“, sagt Erhard Wohlgemuth, Sprecher des Senders. Er fordert die Verantwortlichen in Senat und Bürgerschaft auf, endlich „die politische Kontrolle über die Polizei“ wahrzunehmen.

Stuhlmanns Wohnung war am 11. Juni dieses Jahres durchsucht worden – wegen des Verdachts des Betruges. In Kenntnis seiner Tätigkeit für das Freie Radio wurde auch ein Computer beschlagnahmt, auf dessen Festplatte sich die Juli-Ausgabe des FSK-Programm-Magazins befand. Auf eine Beschwerde Stuhlmanns hin rügte der Ermittlungsrichter knapp vier Wochen später das Vorgehen der Polizei: Die mitgenommenen Gerätschaften hätten mit dem Tatvorwurf nichts zu tun.

„Die Festplatten der Computer hätten schon längst gespiegelt werden können, es ist unverständlich warum dies nicht bereits am Durchsuchungsort geschehen ist“, sagt Richter Michael Reinke. Es sei bekannt gewesen, dass inkriminierte Bestellungen bei Online-Apotheken über das Internet erfolgt seien, so Reinke weiter: „Der Hardware selbst kommt keinerlei Bedeutung zu.“ Als „völlig überzogen“ bezeichnet der Jurist schließlich die Beschlagnahme einer Warnweste im Zusammenhang mit Internetbestellungen.

Sämtliche Versuche von FSK-Anwältin Ingrid Witte-Rohde, die die Staatsanwaltschaft zur Herausgabe der Computer zu bewegen, schlugen fehl. Erst am Donnerstag bekam die Anwältin nun zur Auskunft, sie habe gar kein „berechtigtes Interesse“ – weil noch unklar sei, ob sich überhaupt presserechtlich geschützte Daten auf der Festplatte befänden. „Muss man erst sein Grundrecht aufgeben, bevor man das Grundrecht in Anspruch nehmen kann?“, fragt Witte-Rohde sarkastisch. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Wilhelm Möllers, beschwichtigt: „Die Sache ist völlig in der Spur und nimmt seinen geordneten Gang.“ Das dauere nun mal so lange, so Möllers weiter, „die Freigabe ist jedoch bereits angeordnet worden“ und „die Akten sind auf dem Weg zur Polizei“.

Ob alles in geordneten Bahnen verlaufen ist, versuchen nun der medienpolitische Sprecher der SPD, Uwe Grund, und sein Innenpolitik-Kollege Andreas Dressel zu erkunden: Vom Senat wollen beide einen ganzen Fragenkatalog zur Sache beantwortet haben. KAI VON APPEN