Sichtachse wird zugebaut

Das Unilever-Haus in der Neustadt wird grundsaniert und um einen Anbau ergänzt. Dieser könnte dem freigestellten, denkmalgeschützten Hochhaus seine wuchtige Wirkung nehmen

VON MAXIMILIAN PROBST

Markant ragt das Unilever-Haus in den Himmel, unbedrängt von Assistenzbauten. Allerdings wohl nicht mehr lange. Im Frühjahr 2009 zieht Unilever in die Hafencity. Der Glaskoloss soll dann grunderneuert und zur Musikhalle hin durch einen Neubau mit Hotel, Wohnungen und Büroräumen ergänzt werden.

Viel Wohnfläche wird allerdings nicht entstehen. So teilte der Bauherr, der Immobilienfond Union Investment, gestern mit, dass man zurzeit mit 28 Wohneinheiten rechne, die in der Größe zwischen 75 und 125 Quadratmeter variieren. Unklar sei noch, ob sie als Eigentums- oder Mietwohnungen angeboten würden. In letzterem Fall rechnet Union Investment mit einer Miete zwischen 13,50 und 15 Euro pro Quadratmeter.

In dem triangelförmigen, gläsernen Gebäude sollen die Wohnungen zum Valentinskamp hin liegen. Die zur Laeiszhalle und dem Dammtorwall weisende Gebäudeteile wird voraussichtlich der skandinavische Betreiber Skandic Hotels pachten. Geplant ist ein 4 Sterne Hotel mit 325 Zimmern.

Laut den Planern wird dabei trotzdem kein exklusiver, abgeschirmter Stadtbereich entstehen. „Das jetzt geschlossene, zugewachsene Grundstück soll offener und einladender werden“, sagte Frank Billand, Vorstandsmitglied von Union Investment. Dazu würden großzügige Treppenanlagen dienen und weite Durchgänge zum Innenhof, der mit Grün- und Freizeitflächen ausgestattet werde. Im Innenhof möchte man auch eine Gastronomie mit Außenbereich ansiedeln, während vorne zum Valentinskamp eine Ladenzeile entstehen soll.

Um diese Offenheit und den richtigen Umgang mit ihr zu gewährleisten, müsse das Gelände zugleich gesichert werden, sagte Vorstandsmitglied Billand. Darum sei geplant, den Außenbereich rund um die Uhr bewachen zu lassen.

Als der Immobilienfond Union Investment vor gut einem Jahr die Pläne für den Neubau vorlegte, löste das eine heftige Debatte unter Hamburger Architekten aus. Befürworter, zu denen auch der Oberbaudirektor Jörn Walter gehörte, versprachen sich vom Bau die Belebung einer städtebaulich toten Ecke. Die geplanten Wohnungen betrachtete man dabei als eine Art Wiedergutmachung der Sünden der Vergangenheit – für das Unilever-Haus musste Anfang der 60er Jahre ein Teil des dicht besiedelten Gängeviertels weichen.

Die Kritiker entgegneten, der geplante Baukörper wäre wieder einmal gegen das alte Konzept der grünen, offenen Stadt gerichtet. Gerade in der bereits dicht bebauten Neustadt, angrenzend an den Rest des Gängeviertels, wäre eine weitere Verdichtung nicht tragbar.

Auch das Denkmalschutzamt schloss sich dieser Meinung an. Erst 2001 hatte es das Unilever-Haus unter Schutz gestellt – und dies damit begründet, dass es von den Architekten Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg „bewusst als einzelner Baukörper freigestellt“ worden war, „so dass die Proportionen und die Architektur besonders zur Geltung kommen.“ Dass der Neubau nun mitten in der wichtigen Sichtachse zwischen Brahmsplatz und Unilever-Haus liegen sollte, machte die Sache für die Denkmalschützer nur noch schlimmer.

Der Bauherr hat auf diese Kritik reagiert, indem er Höhe des Neubaus verminderte. Sollte das Gebäude ursprünglich vom Wohntrakt über den Hoteltrakt von fünf auf zehn Stockwerke ansteigen, so jetzt nur noch von vier auf zehn Stockwerke.

Eine Baugenehmigung hat Union Investment für diese Pläne noch nicht bekommen. Die liegt allerdings bereits für die Grunderneuerung des Hochhauses vor. So soll, diesmal ganz zur Zufriedenheit der Denkmalschützer, eine doppelschalige Fassade dafür sorgen, nach außen den denkmalgeschützten Bestand zu sichern. Mit der zweiten Schale wird nach innen gleichzeitig den neuen energetischen Standards entsprochen.

Zuletzt wird dabei die alte Unilever-Fassade behutsam rekonstruiert. Bei früheren Renovierungsarbeiten waren die ursprünglichen Glasbrüstungen durch Blech ersetzt worden. Dieser Eingriff wird jetzt rückgängig gemacht – mit dem Ergebnis, dass die Fassade an Brillanz gewinnen wird.

Als ersten Mieter präsentierte der Immobilienfond die Nord Event GmbH. Ist das Hochhaus, das dann den Namen „Emporio“ trägt, erst grunderneuert, wird die Nord Event GmbH Räume für geschlossene Gesellschaften bieten – die „Skylounge“ mit 360-Grad Panoramablick im obersten Stockwerk ist gehobenen Abendveranstaltungen vorbehalten.