Sorge um die Stadtteilschule

In sechs Regionen reichen die Schülerzahlen nicht, um eine Oberstufe zu gründen. SPD-Politikerin Rugbarth fordert, an jeder Stadtteilschule müsse Abitur möglich sein. Behörde setzt auf Verbünde

VON KAIJA KUTTER

An jeder der künftigen Stadtteilschulen sei die Chance, das Abitur zu machen gleich, hatte GAL-Schulsenatorin Christa Goetsch kürzlich im taz-Interview erklärt. Die SPD-Abgeordnete Andrea Rugbarth sah sich daraufhin die im Internet verfügbaren Planungsdaten für die 22 Regionalen Schulkonferenzen (RSK) an und bekam Zweifel. Denn in sechs Regionen ist die heutige Zahl der Oberstufenschüler so gering, dass es nicht mal für eine Oberstufe im Viertel reicht.

Ein drastisches Beispiel ist das Gebiet Neugraben-Fischbek, Neuwiedenthal, Hausbruch. Dort gibt es zwei Gesamtschulen und eine Haupt- und Realschule (HR), die ab 2010 Stadtteilschulen heißen. Heute haben diese drei Schulen in den Jahrgängen fünf bis zehn (Sekundarstufe I) insgesamt 13 Klassenzüge. In die Oberstufe schaffte es laut Herbststatistik aber nur ein Klassenzug. Das ist zu wenig, um nach der Reform eine Oberstufe zu bilden. Dafür sind laut „Eckpunkte“-Papier mindestens drei Züge nötig.

Eng wird es auch in der Region 12, Eppendorf-Winterhude. Obwohl hier zwei starke Gesamtschulen existieren, schaffte es laut Planungsdaten der Behörde nur ein Zug in die Sekundarstufe II. In der östlich angrenzenden Region 13, Barmbek-Uhlenhorst, stehen 15 Zügen der Sekundarstufe I nur drei Oberstufenzüge gegenüber. Und in der östlich angrenzen Region 10, Niendorf/Lokstedt, gibt es gar acht Sekundar-I-Züge und keinen einzigen Oberstufenzug. Auch in den RSK 1 (Mitte), RSK 5 (Lurup/Osdorf) und RSK 7 (Othmarschen), ist die Zahl der Züge für eine Oberstufe der Stadtteilschule zu gering.

„Wenn wir mehr Schüler zum Abitur führen wollen, muss in jeder Region eine Oberstufe der Stadtteilschule existieren“, sagt Andrea Rugbarth, die eine Kleine Anfrage zum Thema stellte. Hier gehe es um eine Klientel, bei der „die Eltern ihre Kinder nicht für den Schulbesuch weit durch die Gegend fahren“.

Die Politik müsse sich zum Ziel setzen, durch gut motivierten Unterricht und gute Ausstattung den Anteil der Oberstufenschüler in diesen Regionen zu erhöhen. Rugbarth: „Wenn man diese Zahlen sieht, fragt man sich, haben die so wenig Zutrauen zur neuen Stadtteilschule?“

Armin Oertel, Büroleiter der Schulsenatorin, legt Wert auf die Feststellung, dass es sich bei diesen Daten nicht um Quoten oder Zielzahlen, sondern nur um eine „Beschreibung des Zustands“ handle, der sich verändern könne. „Wir haben den Anspruch, die Bildungsbeteiligung zu erhöhen und mehr Kinder zu höheren Abschlüssen zu bringen“.

Es sei jetzt erst einmal Sache der Regionalen Schulkonferenzen, bis Ende Mai auf Basis der Zahlen Vorschläge für die Standorte zu machen. Diese würden dann von der Behörde intensiv geprüft. In Randgebieten und anderen „besonderen Konstellationen“ könne eine RSK begründete Vorschläge machen, die von den Vorgaben abweichen.

Die Behörde setzt darauf, dass es auch über die Grenzen der Regionen hinweg Standortkooperationen für Oberstufen geben wird. Oertel: „Der Schüler bleibt Schüler seiner Stadtteilschule, auch wenn die Oberstufe an einem anderen Ort ist“. Schon heute gibt es auch Regionen, in denen die Gesamtschulen mehr Oberstufen- als Mittelstufenschüler haben, zum Beispiel rund um die Ida-Ehre-Schule in Harvestehude. Hamburgweit stehen rund 300 Züge der Sekundarstufe I etwa 100 Oberstufenzügen gegenüber.

Rugbarth stellt die Frage, welche Wegezeiten der Senat für zumutbar hält. Laut Oertel gibt es so eine Mindestentfernung für Oberstufen nicht. „Wir sind in einer Großstadt. Wir werden aber auf altersangemessene Schulwege achten“.