Kein ehrlicher Dialog erwartet

ANTI-KONFLIKT-TEAMS Polizei erfüllt eine GAL-Forderung und stellt Sondertruppe zur Deeskalation von Gewalt auf Demos auf. Politszene reagiert skeptisch

In Berlin sind die Anti-Konflikt- Teams als Reaktion auf die Mai-Krawalle aufgebaut worden, um bei Gewaltkonflikten deeskalierend einzuwirken.

■ Offenbar wegen des Erfolges werden die Teams nun auch bei Demos, Fußballspielen oder Castor-Transporten eingesetzt.

■ Die psychologisch geschulten Berliner Teams mit 220 BeamtInnen treten leger mit „Polizei“-Basecaps und gelben Westen sowie der Aufschrift „Anti-Konflikt-Team“ ohne Schutzkleidung auf. Entgegen der Legende sind sie jedoch bewaffnet. (kva)

Das GAL-Prestigeprojekt im Bereich Innere Sicherheit der schwarz-grünen Koalition nimmt Gestalt an. Die so genannten „Anti-Konflikt-Teams“ befinden sich konkret im Aufbau. Das erklärten Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) und Polizeiführer Peter Born im Innenausschuss. „Nach der Prognose“, so Born, „werden wir im Spätherbst die Teams haben.“

30 BeamtInnen aus den eigenen Reihen sucht die Polizeiführung seit März für den Nebenjob in den „taktischen Einsatzkommunikations-Teams“. Die Polizei übernimmt damit ein in Berlin entwickeltes Modell. Die Kommunikations-Teams sollen die „Handlungsmöglichkeiten der Polizei zur Bewältigung von besonderen Lagen“ bei gewaltgeneigten Versammlungen, Demos und Groß-Veranstaltungen ergänzen“, heißt es in der Stellenausschreibung.

Dabei werde die Polizei jedoch an ihrer Strategie, „mit hohem Maß an polizeilicher Präsenz aufzutreten“, festhalten. Mit den Kommunikations-Teams käme allerdings eine „neue taktische Option für eine zielorientierte Öffentlichkeitsarbeit zu Vermeidung von Gewalt hinzu“. Zielgruppe der Teams seien daher „erlebnisorientierte Jugendliche“, die im Umfeld von Gewalttätigkeiten „auffällig schnell zu Solidarisierung mit Störern“ neigten. Durch zielgeführte Gespräche sollten Konflikte vermieden, Gewaltrituale durchbrochen und die Notwendigkeit polizeilicher Maßnahmen vermittelt werden. Ein Team besteht aus 15 BeamtInnen. „Wie sie sich dann im Detail aufteilen, ist nicht festgelegt“, berichtet Polizeiführer Born.

Die Polit-Szene hält von den Anti-Konflikt-Teams wenig. „Die Erfahrungen zeigen, dass sie sich zurückziehen, wenn es brisant wird“, sagt ein erfahrener Demoleiter. Der Dialog gehe nur in eine Richtung, bestenfalls mit dem Ziel, einen Einsatz niedrigschwellig zu halten. „Es wird nie so sein, dass diese Teams einen Dialog in Frage stellen, intervenieren und einem Einsatzleiter Born auf die Finger hauen.“

Auch die Innenpolitikerin der Linksfraktion, Christiane Schneider, sieht in den Teams nur ein „grünes Feigenblatt“. Solange die Polizeiführung nicht auf Deeskalation, sondern auf das Prinzip „Einschüchterung durch Stärke“ setze, so Schneider, „wird das Versammlungsrecht weiter mit Füßen getreten.“ KAI VON APPEN