„Blick auf die zivilen Opfer“

Ausstellung über deportierte Warschauer Kinder

■ ist Historiker und promovierte über die Zeugen Jehovas im „Dritten Reich“. Seit 1989 leitet er die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Foto: Gedenkstätte

taz: Herr Garbe, wer vertrieb 1944 Kinder aus Warschau?

Detlef Garbe: Das war die Reaktion der deutschen Besatzer auf den Warschauer Aufstand 1944 – ein Kampf der polnischen „Heimatarmee“, den die Nazis nach 63 Tagen niederschlugen. Infolge dieses Aufstands wurden 150.000 Polen nach Deutschland deportiert, davon 100.000 zur Zwangsarbeit und 50.000 in KZ. Unter den Zwangsarbeitern waren etliche 14- / 15-Jährige. Von ihnen handelt unsere Ausstellung.

Was zeigen Sie im Einzelnen?

Die vom Historischen Museum Warschau konzipierte Schau, die 2008 in Bergen-Belsen zu sehen war, zeigt persönliche Berichte und Fotos. Außerdem Videos, die auf die Deportation der Menschen in Waggons anspielen.

Ist die Schau eine Reaktion auf die deutsche Diskussion um das „Zentrum gegen Vertreibungen“?

Das müssten Sie die polnischen Kuratoren fragen. Ich vermute aber, dass es ein Motiv war.

Was bringt die Ausstellung an Neuem?

Sie fokussiert die zivilen Opfer des Aufstands. Bislang hatte man meist die Kämpfer im Blick.

Hierzulande wird der Aufstand im Warschauer Ghetto 1943 häufig mit dem Warschauer Aufstand verwechselt – schafft Ihre Ausstellung da Klarheit?

Ich hoffe es sehr. Es ist wichtig zu wissen, dass die Nazis außer zwei Millionen polnischen Juden weitere vier Millionen Polen ermordeten – und ganz gezielt die polnische Intelligenz. INTERVIEW: PS

Eröffnung: 16 Uhr, KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Jean-Dolidier-Weg 75; bis 26. 10.