Bremens Raumfahrt-Industrie: Griff nach den Sternen

In Zeiten von Krise und Kurzarbeit verkündet das Bremer Raumfahrtunternehmen EADS-Astrium Beschäftigungszuwächse und neue Aufträge in Milliardenhöhe. Und die Aussichten sind rosig - sehr zur Freude des hochverschuldeten Bundeslandes.

Ariane 5-Rakete beim beim Start in Kourou, Französisch-Guayana. Die Oberstufen-Triebwerke werden in Bremen produziert. Bild: dpa

Einen Großauftrag über eine halbe Milliarde Euro hat das Bremer Raumfahrtunternehmen EADS-Astrium von Arianespace erhalten, der Betreibergesellschaft der europäischen Träger-Rakete Ariane 5. Der Auftrag wurde am Montag am Bremer Standort vorgestellt, wo 35 neue Oberstufen-Triebwerke für die Ariane produziert werden. Damit sei man für die nächsten fünf Jahre ausgelastet, erklärte Günter Stamerjohanns, Astrium-Standortleiter Bremen.

Astrium ist eine Tochtergesellschaft von EADS, Europas größtem Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern. Der Umsatz aller Astrium-Standorte lag 2008 bei 4,3 Milliarden Euro.

In Bremen baut und betreut Astrium das Wissenschaftslabor Columbus, dem europäischen Beitrag zur Internationalen Raumstation der ISS. Auch der unbemannte Weltraumfrachter ATV, der Nachschub wie Nahrung oder Sauerstoff zur ISS transportiert, wird in Bremen gebaut.

Zivil wie militärisch nutzbar sind so genannte Dual-Use-Technologien - auch in diesem Bereich ist Astrium aktiv. So hat das Unternehmen etwa Satelliten für das Navigationssystems Galileo hergestellt und ist an der EU-Initiative "Global Monitoring for Environment and Security" (GMES) beteiligt . (tha)

Der Bremer Auftrag ist Teil eines Gesamtauftrages über 35 komplette Ariane-Raketen, die EADS -Astrium für insgesamt vier Milliarden Euro an den verschiedenen Unternehmensstandorten baut. Das Unternehmen produziert vornehmlich zivile und militärische Raumfahrtsysteme wie etwa die Lenkflugkörper für Frankreichs Atomraketen.

In Bremen würden die Oberstufen-Triebwerke der 35 neuen Raketen produziert, sagte Stamerjohanns. Nachdem sich die Hauptantriebe von der Ariane abtrennen, bringen die Oberstufen die bis zu zehn Tonnen schwere Last zu ihrem Ziel in der Erdumlaufbahn. Von Ende 2010 an sollen die neuen Arianes ins All starten, sagte Stamerjohanns.

Zudem zeichne sich bei Astrium ein weiterer wichtiger Auftrag ab. Ende dieses Jahres werde die europäische Raumfahrtbehörde ESA die Entwicklung einer neuen Generation der Ariane-Oberstufe in Auftrag geben. Dass der an Astrium geht, sei politisch bereits seit der Ministerratskonferenz in Den Haag im vergangenen November beschlossen, so Stamerjohanns. Mit neuer, wiederzündbarer Oberstufe soll die Ariane ab 2016 gleich mehrere Satelliten in unterschiedlichen Entfernungen zur Erde absetzen können. Durch die neue Oberstufe soll die Rakete zudem zwölf statt wie bislang zehn Tonnen Last in den geostationären Orbit transportieren, erklärte Stamerjohanns.

"Die Ariane ist eine Bremer Erfolgsgeschichte", sagte der parlamentarische Staatssekretär und Luft- und Raumfahrtkoordinator der Bundesregierung Peter Hintze (CDU) bei der Vorstellung. Astrium sichere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht nur qualifizierte Arbeitsplätze, sondern verzeichne zudem einen Beschäftigungszuwachs. Durch den Auftrag für die 35 Ariane-Oberstufen werden bei Astrium zu den derzeit 950 Mitarbeitern noch in diesem Jahr weitere 65 hinzukommen.

"Bremen und Astrium spielen eine große Rolle bei der Hightech-Strategie der Bundesregierung", so Hintze. Denn die ist stark darum bemüht, ihre Bedeutung innerhalb der europäischen Raumfahrt auszubauen. Die anstehende Weiterentwicklung der Ariane 5 durch Astrium dürfte einen Schritt zur Umsetzung dieser Strategie darstellen: Sie ist eines der wesentlichen Projekte, die der ESA bei der letzten Ministerratskonferenz bewilligt wurden. Rund zehn Milliarden Euro darf die ESA nun in den kommenden Jahren für die Umsetzung ihrer Projekte ausgeben. Deutschland ist mit etwa 2,7 Milliarden Euro ihr Hauptfinanzier.

Auch das hochverschuldete Land Bremen päppelt die Luft- und Raumfahrttechnologie kräftig mit öffentlichen Mitteln. "Wir geben Geld, wo wir können", sagte Bremens Wirtschaftssenator Ralf Nagel (SPD) und rühmte die Branche als "strukturpolitischen Faktor". Die florierende Raumfahrtbranche konnte sich in den letzten Jahren über 25 Millionen Euro direkte Zuwendungen vom Land freuen.

Selbst der Mond scheint bei EADS-Astrium zum Greifen nahe: Derzeit arbeitet das Unternehmen an einer mit einer Million Euro ausgestatteten Studie zur Vorbereitung einer deutschen Mondmission für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Bis 2010 sollen Astrium-Ingenieure die technischen Voraussetzungen eines Fahrzeuges zur zielgenauen, automatischen Landung auf dem Mond entwickeln.

"Als Archiv des Universums" sei der Mond "die Basis weiterer Explorationen unseres Sonnensystems", sagte Raumfahrtkoordinator Hintze. Deutschland werde sich in Zukunft stärker auf eine Mondmission konzentrieren. Hintze stellte Astrium zugleich einen weiteren Auftrag in Aussicht: Die ESA plane für kommendes Jahr zu der DLR-Studie eine ergänzende weitere Studie zu einer Mondmission. "Bremen hat da gute Chancen, auch dabei zu sein."

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