Interne Ermittlungen: Prügelpolizist auf frischer Tat ertappt

Eine Polizeiattacke auf ein Team des Internetsenders Graswurzel TV sorgt in Hamburg für Wirbel. Die Grünen wollen Klärung, die Linke fordert strafrechtliche Ermittlungen, die Journalisten-Union ist empört.

Polizisten sichern die Baustelle des Kraftwerks Moorburg in Hamburg. Bild: dpa

Der Polizei-Übergriff auf ein Team des alternativen Internetsenders Graswurzel TV bei der Demonstration gegen das geplante Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg hat juristische und politische Konsequenzen. Der leicht verletzte Kameramann Jonathan Happ kündigt gegenüber der taz an, Strafantrag wegen Körperverletzung zu stellen. "Wir erwägen auch eine Klage vorm Verwaltungsgericht", sagt Christine Rambow von Graswurzel TV.

Zwei Reporter des Lüneburger Medienteams hatten am vergangenen Samstag eine Gruppe von DemonstrantInnen beobachtet, die sich durch das grüne Dickicht zum Bauplatz auf dem Weg gemacht hatten. "Wir standen relativ isoliert auf dem Damm, von dem man das umliegende Geschehen gut verfolgen konnte", sagt Jonathan Happ. Von dort aus konnte er filmen, wie ein Beamter der als brutal geltenden Hamburger Beweissicherung- und Festnahme-Einheit (BFE) von hinten mit dem Schlagstock auf den Rücken einer Person einschlug, die sich bereits auf dem Rückweg befand. Als dieser BFE-Beamte Happ bemerkte, kam er direkt auf Happ zu und schlug auf die Kamera. Als sich Happs Kollege Marco Kühne durch seinen Presseausweis als Reporter zu erkennen geben wollte - beide sind in Deutschen Journalisten-Union (DJU) von Ver.di. - riss der Polizist ihn den an einem Halsband befestigten Ausweis vom Hals. Happ sei den Damm heruntergeschubst und mit dem Schlagstock geschlagen worden. Das alles ist auf www.graswurzel.tv gut dokumentiert.

Polizeisprecher Ralf Meyer, der bereits am Samstag vor Ort über den Vorfall informiert worden war, rechtfertigte am Montag zunächst das Vorgehen: "Es ist ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs und Widerstands eingeleitet worden." Der Ausweis sei für eine Identitätsfeststellung sichergestellt worden. Nach einer erneuten Sichtung des Films kündigt er jedoch gegenüber der taz an, den Vorgang nun doch dem Dezernat Interne Ermittlungen zur Prüfung zu übergeben.

Die DJU ist über das Vorgehen der BFE-Einheit empört. Das sei ein "gravierender Verstoß gegen das Pressegesetz und ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die journalistische Berufsausübung", sagt DJU-Vorstandsmitglied Wulf Beleitis. Er fordert Polizeipräsident Werner Jantosch und CDU-Innensenator Christoph Ahlhaus auf, sich vom Vorfall zu distanzieren und Untersuchungen einzuleiten.

Auch die Innenexpertin der mitregierenden Grünen-Fraktion ist nach Sichtung des Videos entsetzt. "Wir haben in der Opposition Kritik an Übergriffen geäußert, daran hat sich nichts geändert", sagt Möller der taz. "Dieser Fall muss dringend aufgeklärt werden, dazu werde ich meinen Teil zu beitragen." Sie versuche es zuerst intern zu klären und werde dann entscheiden, so Möller, "ob ich das zum Gegenstand des Innenausschusses mache".

Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, fordert die Staatsanwaltschaft auf, gegen den BFE-Beamten "von Amtswegen" zu ermitteln. "Das war ein Beamtendelikt", sagt Schneider und greift Ex-Grünen Forderungen auf. "Wir brauchen dringend eine unabhängige Polizeikommission, die solche Vorfälle überprüft sowie eine Kennzeichnungspflicht." Es zeige sich immer wieder, "dass aus der Anonymität heraus einige Polizisten brutal vorgehen", sagt Schneider.

Graswurzel TV versteht sich laut Homepage als Medium des Alternativ-Journalismus, der die Möglichkeiten der modernen Berichterstattung mit Filmen und Fotos via Internet nutzt. "Wir wollen keinen Sensationsjournalismus abliefern, der den Protest pauschalisiert", sagt Rambow, "sondern wollen ihn aus der Sicht der Bewegung wiedergeben."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.