Polizei stört Neonazis

Verbrechensprävention der besonderen Art: Im niedersächsischen Nordhorn werden Wohnungen von mehreren Rechtsextremen durchsucht. Hintergrund sind keine konkreten Taten, sondern „viele kleine Hinweise“, sagt die Polizei

Die Nacht endete um 6 Uhr in der Früh: Im niedersächsischen Nordhorn bekamen sechs Rechtsextreme am Freitagmorgen Besuch von der Polizei. Die durchsuchte ihre Wohnungen, zudem wurden Ermittlungsverfahren gegen 19 weitere Rechte eingeleitet „Wir wollen die Strukturen offen legen und damit beenden“, sagte Karl-Heinz Brüggemann, Leiter der Polizeidirektion Emsland/Grafschaft Bentheim.

In der Region waren in den vergangenen Monaten verstärkt die „Autonomen Nationalisten Nordhorn“ aufgefallen. Im Oktober nahm eine Polizei-Ermittlungseinheit die Gruppe aus 17- bis 33-Jährigen ins Visier. Anlass waren laut Brüggemann „keine herausragenden Taten, sondern die Tatsache, dass es in jüngster Vergangenheit viele kleine Hinweise auf die Gruppe gab“.

Zu den nun Beschuldigten gehören auch vier Frauen sind vier Frauen – nicht zum ersten Mal. Schon Ende des vergangenen Jahres hatten zwei Schülerinnen Hakenkreuze und SS-Runen an das evangelisch-reformierte Gemeindehaus gesprüht. Tage vorher wurden in der Innenstadt mehrere Autos und eine Bäckerei mit rechtsextremen Symbolen beschmiert.

Der NPD-Unterbezirk Emsland-Bentheim distanzierte sich auf bemerkenswerte Weise von den nächtlichen Aktionen: Diese „schaden der nationalen Opposition“, teilte man mit. Geleitet wurde der Unterbezirk bis vor kurzem vom Nordhorner Stephan Riesel, der eng mit den „Autonomen Nationalisten“ verwoben sein soll. Sein Amt verlor Riesel dann allerdings nicht wegen dieser Beziehungen an den Parteifreund Reinhold Alfons Heinen – eher, weil er im Sommer 2006 in ein paramilitärisches Sommerlager mit Schießübungen und Scheinhinrichtungen im nahe gelegenen Wilsum involviert war.

Bei einer Razzia stieß später die Polizei auf Fotos von der Aktion, Ermittlungen wurden eingeleitet und im April 2007 fanden die Beamten mehrere Waffen (taz berichtete). Der Leiter des regionalen Staatsschutzes, Georg Alferlink, beteuerte, Nordhorn sei kein Stützpunkt der Szene.

Auf der örtlichen Kirmes indes griff gerade erst wieder ein Rechtsextremer einen Jugendlichen an, schlug nach Polizeiangaben mehrmals mit der Faust auf sein Opfer ein.

Bei der Razzia am Freitag stellten die Beamten nun Computer, verbotenes Propagandamaterial und eine Gaspistole sicher. Ein Rechter kam unverzüglich in Haft – wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen.ANDREAS SPEIT