Rechte Szene unter Waffen

Erneut beschlagnahmt die Polizei bei Rechtsextremen im südlichen Niedersachsen teils funktionsfähige Waffen und Propagandamaterial. Göttingens oberster Ordnungshüter hält seine Gefahrenprognose aufrecht

Die Razzia kam überraschend. Bei rund 30 Rechtsextremen vor allem im südlichen Niedersachsen klingelte am Dienstag unangemeldet die Polizei. An die 440 Ermittler waren auf der Suche nach Waffen – mit Erfolg: Erneut stellen die Beamten mehrere scharfe Waffen sicher. Von einem „erfolgreichen Schlag gegen die Szene“ sprach tags darauf Göttingens Polizeipräsident Hans Wargel.

Beinahe bei jedem zweiten Betroffenen wurden laut Wargel Waffen gefunden. Nicht alle davon funktionsfähig – aber viele. So seien neun Karabiner, sieben Faustfeuerwaffen, fünfzehn Softair-Pistolen, eine scharfe Doppelflinte, ein Handgrante und eine MG-Gurt sichergestellt worden; darüber hinaus Propagandamaterial wie Hakenkreuzfahnen und Rechtsrock-CDs.

Die Aktion konzentrierte sich auf die Orte Osterode und Northeim: Hier wurden allein 22 Objekte gefilzt. Weitere Durchsuchungen liefen in Leinefelde, Göttingen, Northeim und Braunschweig. In der Region Göttingen gehe die Polizei von 100 gewaltbereiten Rechtsextremen aus, sagte Wargel und bestätigte auch, dass die Kameradschaften in Einbeck und dem Südharz eng mit der NPD zusammenarbeiten.

Ausgelöst worden war die Polizeiaktion in dieser Woche unter anderem durch die Ermittlungen gegen eine Geburtstagsgesellschaft um Dirk N., den Anführer der Kameradschaft Einbeck: Dieser hatte am frühen Morgen des 30. November 2008 zusammen mit vier Kameraden in einer Göttinger Striptease-Bar einen Geburtstag gefeiert. Es kam zu einem Streit mit anderen Gästen, einer der Rechten feuerte einen Schuss aus einer Pumpgun ab. Später warf die Gruppe Molotowcocktails von außen gegen das Gebäude.

Drei der Rechten konnte die Polizei damals noch vor Ort festnehmen, eine 20-köpfige Sonderkommission wurde eingerichtet. Bereits im selben Monat fand die Polizei bei Durchsuchungen mehrere Waffen und Munition. Jetzt erklärte Polizeipräsident Wargel: „Die Durchsuchungsergebnisse belegen die Affinität der ‚rechten Szene‘ zu Waffen und deren tatsächlicher Verfügbarkeit und zeigen deren Gewaltbereitschaft. Die Gefahrenprognose der Polizei wird nachdrücklich bestätigt.“

Ebenfalls im vergangenen November hatte die Linksfraktion im niedersächsischen Landtag eine Anfrage zu den Kameradschaften gestellt. Anders als Göttingens Polizei wies das Innenministerium in seiner Antwort auf keine besondere Situation in der Region hin. ANDREAS SPEIT