taz-Livestream – Dokudrama "Dutschke": "Eine extrem ambivalente Figur"

Lange Zeit fand Produzent Nico Hofmann keinen Sender, um sein Dokudrama "Dutschke" zu produzieren. Dabei eignet der sich besonders, um den Aufbruch der 68er zu illustrieren.

Ein begnadeter Redner: Szene aus "Dutschke". Bild: zdf

taz: Herr Hofmann, Sie haben das Dokudrama "Dutschke" produziert. Was hat Sie an Rudi Dutschke fasziniert?

Nico Hofmann: Rudi Dutschke ist für mich eine bedeutende historische Person, er hat enorme politische Prozesse in Deutschland angestoßen. Es war auch die Zeit der Abgrenzung zum Dritten Reich, ein Neubeginn für ein Land und eine ganze Generation. Seine Heftigkeit und seine durchaus ambivalente politische Leidenschaft haben mich beeindruckt.

Wie gelang die Gratwanderung, eine so polarisierende Person authentisch darzustellen?

Rudi Dutschke ist eine extrem ambivalente Figur der Zeitgeschichte. Wir haben die Umsetzung für den Film wie ein Puzzlespiel aufgesetzt, ein Mosaik über seine vielschichtige Persönlichkeit. Es kommen breite Interviewstrecken vor, wo Menschen, die ihm in den verschiedenen Lebensabschnitten begegnet sind, Dutschke unterschiedlich betroffen schildern. Wir wollten ein faszinierendes Kaleidoskop zu seiner Person produzieren. Der Reiz war auch, Christoph Bach für die Hauptrolle zu gewinnen. Ich wollte ihn von Anfang an. Mir war klar, dass er die Rolle kongenial umsetzen wird und mit Lust in Rudi Dutschke schlüpft.

Was waren denn die Schwierigkeiten bei der Umsetzung?

Die größte Hürde war sicherlich, den Film unterzubringen. Das ganze Projekt war fast vier Jahre lang ununterbrochen in Frage gestellt, weil kein Fernsehsender sich bereit erklären wollte, den Film zu produzieren. Schlussendlich haben wir im ZDF einen Partner gefunden.

Mit ihrem Dokudrama "Dutschke" beleuchten die Filmemacher Stefan Krohmer und Daniel Nocke die zentrale Figur der deutschen Studentenbewegung.

Der Film läuft am 27. April im ZDF – doch Interessierte sind heute um 19 Uhr ins taz-café in der Rudi-Dutschke-Straße 23 in Berlin eingeladen. Dort wird der Film exklusiv vorab gezeigt. Anschließend wird mit den Filmemachern, Dutschke-Darsteller Christoph Bach, taz-Autor Christian Semler und weiteren Zeitzeugen dazu diskutiert.

Live ausgestrahlt wird die Debatte ab 20.30 Uhr: taz.de/live

Was hat den Ausschlag gegeben, dass der ZDF sich für das Projekt entschieden hat?

Die Thematisierung im Zuge der Umbenennung Rudi-Dutschke-Straße hat die Person wieder der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mit dem Drehbuchautor Daniel Nocke und dem Regisseur Stefan Krohmer haben wir für die Umsetzung zwei Grimmepreisträger ins Team geholt, das hat sicherlich überzeugt. Es war klar, mit welcher Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit wir an den Film herangehen. Wir wollten nie ein heroisches Sittengemälde zu Dutschke produzieren, sondern seine Ambivalenz hervorheben.

Ist alles so geworden, wie Sie es sich vorgestellt haben?

Ja, im Wesentlichen ist alles gelungen. Als wir den Film in München gezeigt haben, war das Kino ausverkauft und alle Generationen waren vertreten. Es existiert eine interessante Schnittmenge im Publikum, die sich mit der politischen Phase rund um Dutschke aus heutiger Sicht auseinandersetzt. Das beglückt mich.

Gibt es etwas, was sich nicht umsetzen ließ?

Viele Deutsche denken, dass er beim Attentat selbst gestorben sei, und wissen nichts über seine wichtigen Jahre danach. Die Endmomente in Dutschkes Leben, als er am Grünenparteitag gesprochen hat zum Beispiel, dieser wichtigen letzten Lebensphase vor seinem Tod hätte ich im Nachhinein gern zehn Minuten mehr gewidmet.

Wie viel Fiktion steckt im Film?

Wir haben uns sehr genau an die Biografie von Gretchen Dutschke gehalten und mit ihr und mit Weggefährten von Dutschke viele Gespräche geführt. In diesen Interviews haben wir auch ganz bewusst Antithesen aufgebracht, um uns so gut wie möglich der Person Rudi Dutschke zu nähern.

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