Falsche Parallelen

Vor der Abstimmung über die Entschädigung der NS-Opfer mahnt die CSU: Es gab auch deutsche Zwangsarbeiter

BERLIN taz ■ Michael Glos, Vizechef der CDU/CSU-Fraktion, warf sich vorgestern für die Entschädigung der Zwangsarbeiter in die Bresche. Er meinte allerdings nicht die Zustimmung seiner Parteifreunde zu dem Stiftungsgesetz für die Zwangsarbeiter in Deutschland während des 2. Weltkriegs, das heute vom Bundestag im Parteienkonsens verabschiedet wird. Vielmehr forderte er die Bundesregierung auf, sich auch für die Entschädigung jener Deutschen einzusetzen, die nach 1945 in einer Reihe ostmitteleuropäischer Länder zwangsverpflichtet worden waren. Die Regierungen dieser Länder sollten sich zu einer „humanitären Geste“ aufraffen.

Dass nach dem zweiten Weltkrieg Angehörige der deutschen Zivilbevölkerung beispielsweise in Polen Zwangsarbeit leisten mussten, ist unbestritten. Freilich gilt es zu differenzieren. Die deutschen Bergarbeiter in Schlesien wurden als Fachleute festgehalten. Sie erhielten ihrer Qualifikation entsprechenden Lohn und waren auch nicht kaserniert. In Durchgangslagern bis zur Vertreibung festgehaltene Frauen und Männer wurden teils zur Zwangsarbeit eingesetzt, teils blieb ihnen nichts anderes übrig, als bis zu ihrer Abschiebung für ein Butterbrot zu arbeiten. Schließlich gab es noch „echte“ Arbeitslager wie im oberschlesischen Jaworzno.

Berechnungen über Zwangsarbeit sudentendeutscher Tschechen existieren auch für die Tschechoslowakei. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft gibt sich allerdings mit Forderungen an die deutsche Bundesregierung nicht zufrieden. Im Zusammenhang mit den Beschlagnahmungen auf Grund der beiden „Beneš-Dekrete“ strengen gegenwärtig vertriebene Sudetendeutsche in den USA eine Sammelklage gegen tschechische Firmen mit Niederlassungen in den USA an. Sie antworten damit spiegelbildlich auf die Klagen osteuropäischer Zwangsarbeiter gegen deutsche Firmen.

Glos hatte zwar keine Bedenken, die deutschen und die osteuropäischen Formen der Zwangsarbeit zu parallellisieren. Allerdings stellte er kein Junktim zwischen der Zustimmung zum Stiftungsgesetz und der von ihm geforderten Entschädigung für deutsche Zwngarbeiter auf. C.S.