Die Filter-Lüge

■ jugendschutz.net: Die gängige Filtersoftware kann Schulen nicht Hetzparolen-frei halten

Keule ist Ende 30, ziemlich aufgedunsen im Gesicht und liest seinen beiden Kindern aus „Mein Kampf“ vor. Woher wir das wissen? Nun, Keule geizt nicht mit rechten Parolen und stellt diese ungeniert ins Internet. Dort wurden sie von Michael Wörner-Schappert und seinen Kollegen von „jugendschutz.net“ aufgespürt. Immer öfter stoßen die – von den Kultusministerien der Länder finanzierten – Jugendschutzbeauftragten auf Seiten mit schwarz-weiß-roten Flaggen und Hakenkreuzen. „Speicherplatz im Internet zu bekommen ist ein Kinderspiel“, erklärte Wörner-Schappert am Dienstag bei seinem Vortrag „Rechtsextremismus in der Internet-Jugendszene“ in der Landeszentrale für politische Bildung. „Jeder kann sich Lieschen Müller nennen und so seine eigene Webseite bekommen.“

Filtersoftware wie „Cyber Patrol“, die von der Bremer Bildungsbehörde jetzt im „Probelauf“ eingesetzt wird, um später vielleicht Schulen vor jugendgefährdenden Inhalten zu schützen, sei lediglich eine Gewissensberuhigung für Eltern und Lehrer, so Wörner-Schappert. „Für Jugendliche, die das wollen, ist es ein Leichtes, eine solche Barriere zu überwinden.“ Das Problem bei rechten Seiten: Es gibt keine spezifischen Schlagwörter, nach denen die Software suchen kann. Allein der Inhalt eines Textes zählt. Die Filtersoftware schützt zwar – wegen der eindeutigeren Schlagworte – relativ gut vor Porno-Seiten, aber kaum vor Anti-Antifa-Hetze. Was also tun? „Wir müssen solche Seiten mit den Kindern zusammen durchsehen und darüber diskutieren“, schlug der Mainzer Jugendschutzbeauftragte vor.

Allerdings können Lehrer und Eltern noch mehr tun. Zum Beispiel an den jeweiligen Provider schreiben und auf jugendgefährdende Seiten hinweisen. „Oft reicht eine kurze E-mail, damit die Seite gelöscht wird“, so Wörner-Schappert. „Zwar sind die oft Tage später wieder unter anderer Adresse zu finden, aber es dauert, bis sich das in der Szene herumgesprochen hat.“

Wem das zu wenig ist, der kann auch die Gästebücher und Diskussionsforen der Szene virtuell aufmischen: „Man muss den Leuten die Gegenargumente aufzeigen“, meinte Michael Wörner-Schappert. Und wenn das nur durch den Satz „Deutsche kauft nur deutsche Bananen“ geschieht.

Susanne Polig