Pompons und Tampons

Bankraub für die Brutpflege: Francine McDougalls Teensploitation-Film „Sugar & Spice“ macht endlich Schluss mit dem ewigen Funkenmariechen-Getue und schickt ein Cheerleader-Team auf kriminelle Abwege – Akrobatik inklusive

Eigentlich können Cheerleader ja nicht gewinnen. Das können nur Footballteams, die nach Regeln spielen und von den merkwürdigen Hupfdohlen am Rand des Spielfelds gefeiert und angefeuert werden. Ob es beim Cheerleaden ernst zu nehmende Regeln gibt, ist dagegen fraglich. Trotzdem: bei „Sugar & Spice“, der neuesten Teensploitation-Komödie, ist von einem auf der ganzen Linie siegreichen Frauenteam zu berichten.

Denn das Team aus Drehbuchautorin Lona Williams, der Produzentin Wendy Finerman und der Regisseurin Francine McDougall hat gemeinsam mit den Schauspielerinnen Marley Shelton (Diane, daueroptimistisch und voll der Plattitüden), Mena Suvari (Kansas, schlecht geschminkte Lästerzunge), Marla Sokoloff (Lisa, neidgeplagter B-Team Captain), Rachel Blanchard (Hannah, schrullig), Melissa George (Cleo, Sexbombe mit verhängnisvoller Vorliebe zum US-Talkmaster Conan O’Brien), Alexandra Holden (Fern, Newcomer) und Sara Marsh (Lucy, Streberin) ein freches Glanzstück geliefert.

Frech ist schon der Kunstgriff, ausgerechnet „Die üblichen Verdächtigen“ als Vorlage zu nehmen. Analog zu Bryan Singers Kultfilm „Sugar & Spice“ ein so genanntes line-up und ein dazugehöriges Polizeiverhör als erzählerischer Rahmen. Das heißt: Ein ganzes A-Team von Cheerleadern räkelt sich vor der bekannten Wand amerikanischer Polizeistellen. Lisa, vergeltungssüchtiger B-Team-Cheerleader, steht nun in der Vernehmung Rede und Antwort, warum die Polizei nicht ganz falsch liegt, wenn sie die Mädels an der Wand hinter Gitter bringen will.

Hinterhältig ist es natürlich, dass die höchst patriotische Tugend des Teamgeists und der ganze männlich codierte Pfadfinderehrenkodexkram nur dazu hergenommen werden, die Mädchenclique auf einen Bankraub einzuschwören, dessen Organisation mit Hilfe des Cheerleader-Handbuchs ganz tadellos funktioniert. Wie sich Teamgeist übrigens weiblich schreibt – und das ist ohne Zweifel schon ein Knüller von einer Idee –, zeigt sich beim Toilettenbesuch. Die Mädchen mögen vielleicht die Regeln nicht einhalten, die Regel aber sehr wohl. Also schieben die fünf eine Tamponschachtel unter der Stellwand weiter, weil sie aus Solidarität ihre Periode selbstverständlich immer zur gleichen Zeit bekommen.

Nachdem allerdings Lincoln Hight A-Team Captain Diane den Lincoln Hight Footballstar Jack (James Marsden) kennen gelernt hat, schiebt sie die Schachtel eines Tages unbenutzt zurück! Und überzeugt ihre entsetzten Freundinnen davon, dass sie ihr Baby behalten wird – mit einem von Marley Shelton so herzzerreißend hingeschmetterten „Papa don’t preach“, dass einem vor Lachen, keineswegs vor Rührung, die Tränen kommen. Heilige Jungfrau Madonna!

Leider werden es gleich zwei Babys werden. Und da ist die Kohle, die so ein Teenager-Elternpaar ranschaffen kann, schnell zu knapp. Was also bleibt da anderes übrig, als der Bank mal einen Besuch abzustatten? Doch das siegreiche Frauenteam spielt selbstverständlich nach Regeln, und Regisseurin Francine McDougall hat auch keine Angst, den großen, klassischen, fett in Breitwand geschriebenen zu folgen. Deshalb sind ihre Mädels auch nicht einfach Pompon-Schwingerinnen, sondern echte Akrobatinnen, deren Kunststücke in aufwendigen Kranaufnahmen in Szene gesetzt werden. Und so zitiert das Intro die raffinierte Choreografie von Busby Berkeley, und niemand wäre versucht, das mit diesen Funkenmariechen-Dingern zu verwechseln, an die das Cheerleader-Gehopse sonst erinnert.

Dass es am Ende, beim Bankraub, doch eine falsche Hebefigur ist, an der die hinreißend giftige Marla Sokoloff hinter der maskierten Betty-Doll-Truppe ihre Feindinnen vom A-Team erkennt, nun ja, das steht auf einem anderen Blatt.

BRIGITTE WERNEBURG

„Sugar & Spice“, Regie: Francine McDougall. Mit Marley Shelton, Jack Marsden, Mena Suvari, Marla Solokoff u.a. USA 2001, 81 Min.