Aus für ISDN-Anschluss: Kein Notruf bei Stromausfall

Die Telekom will ihre Festnetzkunden auf Internet-Telefonie umstellen – das sei wirtschaftlicher und besser für die Umwelt. Doch die Technik hat Nachteile.

Wer zum Hörer greift, landet künftig im Internet – so möchte es die Telekom. Bild: ap

BERLIN taz | Die Aufforderung kommt per Post. Einige tausend Festnetzkunden der Telekom, die noch über einen Analog-Anschluss telefonieren, erhalten derzeit Briefe, in denen sie zum Wechseln aufgefordert werden. Der alte Analog-Anschluss soll der Internet-Telefonie, Voice over IP (VoIP), weichen, so der Plan der Telekom.

Die Briefe sind Teil eines Pilotprojekts. Denn die Telekom möchte die analogen und ISDN-Anschlüsse in einigen Jahren ganz los werden. „2016 ist derzeit anvisiert“, sagt Sprecher Niels Hafenrichter. Insgesamt werden knapp 18 Millionen Anschlüsse betroffen sein, so viele liefen derzeit analog oder über ISDN.

Die Umstellung wird auch Kunden anderer Anbieter betreffen, wenn diese die Leitungen von der Telekom gemietet haben. In dem Pilotprojekt will die Telekom zunächst testen, wie sich die Umstellung bei Privatkunden am besten realisieren lässt. Der Kunde, so Hafenrichter, solle sich nicht genötigt fühlen. „Aber es wird der Zeitpunkt kommen, an dem wir umstellen.“

Das Unternehmen versucht daher, den Kunden die Umstellung schmackhaft zu machen. Die neue Technik sei „einfacher, kosteneffizienter und energiesparender“, sagt Hafenrichter. „Mit der IP-Technik können Kunden beispielsweise an unterschiedlichen Orten unter der gleichen Festnetznummer erreichbar sein.“ Darüber hinaus würden damit weniger Einsätze von Technikern notwendig, was Wege einspare.

Auf Kundenseite sieht es jedoch anders aus: Laut Öko-Institut verbrauchen VoIP-Telefone deutlich mehr Strom als Geräte für den analogen Anschluss. Dazu kommt der Stromverbrauch der Server und die Kühlung der Serverräume. Was die Server angeht, widerspricht Hafenrichter: Die Rechenzentren für die Internet-Telefonie verbrauchten immer noch weniger Strom als die Technik für die analogen Anschlüsse in den Vermittlungsstellen.

VoIP-Anschlüsse bergen Risiken

Im Schnitt verbrauche ein VoIP-Gerät etwa drei mal so viel wie ein Analoges, sagt Christian Tebert von der Hamburger Beratungsfirma Ökopol, die an der Studie des Öko-Instituts beteiligt war. Abhängig sei das unter anderem vom Funktionsumfang und der Größe des Displays. Dazu kommt der Verbrauch von Router und Modem. Ein weiteres Problem gibt es bei Nutzern von Hausnotrufen oder Alarmanlagen mit Notrufmeldern: Bei beiden wird im Notfall, etwa auf Knopfdruck, eine Notrufnummer über das Telefon gewählt. Bei analogen Anschlüssen ist das auch bei Stromausfall möglich, da das Telefon über den analogen Anschluss mit Energie versorgt wird und der Notruf selbst eine Batterie hat.

Doch VoIP-Anschlüsse laufen über die normale Stromversorgung. „Wenn etwa in der Wohnung der Strom ausfällt, funktioniert auch der Notruf nicht mehr“, sagt Ralph Hoffert, Vorstand des Deutschen Roten Kreuzes in Herten. Darüber hinaus gebe es weitere Schwachstellen, an denen ein Stromausfall oder ein Defekt den Notruf lahmlegen könne, etwa wenn der Router plötzlich streikt.

Auch spezielle Geräte für VoIP würden nicht helfen, wenn die gesamte Telefonanlage nicht funktioniere. Während die Versorgungssicherheit bei einem analogen Anschluss bei 99,8 Prozent liege, seien es bei VoIP 94 Prozent. Für den Normalbetrieb sei das kaum ein Problem. „Wenn es aber gerade darauf ankommt, den Notruf in jedem Moment absetzen zu können, dann schon“, sagt Hoffert.

Andere Anbieter haben darauf reagiert. So weist etwa 1&1 in den Geschäftsbedingungen darauf hin, dass „eine uneingeschränkte Notruffunktion nur bei einer unterbrechungsfreien Stromversorgung […] am vereinbarten Standort bereitgestellt werden kann“.

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