Mustergültig leben nützt nichts

■ Nach zehn Jahren in Deutschland soll ein junger Tamile abgeschoben werden/Anwalt und Arbeitgeber hoffen jetzt auf den Petitionsausschuss der Bremischen Bürgerschaft

Shanmuganathan K. ist einer, der es in Deutschland gepackt hat. Im Alter von 15 Jahren floh er im September 1989 aus dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Sri Lanka nach Bremen – ohne Eltern. Die Mutter war da schon lange tot, und der Großvater in Jaffna hatte nicht genug Geld, um auch dem Vater die Flucht zu ermöglichen. Seit zehn Jahren muss Kuma, wie ihn seine Freunde nennen, mit Gerichten und Behörden darum ringen, hier bleiben zu dürfen.

Doch während die jahrelange Ungewissheit viele Flüchtlinge zermürbt, hat Kuma nie resigniert. „Ich wollte ja was für meine Zukunft tun“, sagt der junge Mann. Er lernte Deutsch, machte seinen Hauptschulabschluss und eine Lehre und arbeitet heute als Elektroinstallateur.

„Kuma ist ein Musterbeispiel für gelungene Integration“, sagt seine ehemalige Lehrerin Rica Preuß. „Er hat viele deutsche Freunde, eine eigene Wohnung und hat noch nie einen Pfennig Sozialhilfe beansprucht.“ Auch sein Chef Ralf Klobe möchte ihn als Mitarbeiter nicht missen: „Er ist zuverlässig und die Kunden mögen ihn. Wenn ich nur solche Leute hätte, hätte ich keine Sorgen.“

Doch wenn es nach dem Bremer Ausländeramt geht, wird sich Klobe bald nach einem neuen Mitarbeiter umsehen müssen. Trotz seines langen Aufenthalts greift für Kuma keine Altfallregelung. Er kam nach dem 31.12.1988 nach Deutschland. Wenn ein junger Tamile vor diesem Stichtag nach Deutschland kam, wurde er pauschal auf Grund einer 1994 getroffenen Altfallvereinbarung als Gruppenverfolgter anerkannt. Die von der neuen Bundesregierung versprochene Neuregelung dieser Altfallregelung schiebt die Landes-Innenminsterkonferenz seit fast einem Jahr vor sich her.

Kumas Bruder lebte zwar schon vor diesem Stichtag in Deutschland und übernahm die Vormundschaft für den 15-Jährigen. Der junge Tamile wohnte bei ihm, bis er sich vor zwei Jahren eine eigene Wohnung leisten konnte. Doch die Ausländerbehörde verwies darauf, dass der Bruder kein Elternteil ist. Sie weigerte sich deshalb, aus dieser verwandtschaftlichen Beziehung einen Aufenthaltsanspruch abzuleiten.

Also musste der Teenager politisches Asyl beantragen. Für minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge ist das in Bremen ein beinahe aussichtsloses Unterfangen: Ganze drei von ihnen wurden seit 1991 als politisch Verfolgte anerkannt. Um so überraschender, dass Kuma mit seinem Asylverfahren 1992 Erfolg hatte. Drei Jahre später wurde diese Entscheidung vom Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten erfolgreich angefochten und das Zittern begann von neuem.

Nun hat Kumas Anwalt Jan Sürig endgültig alle Rechtsmittel ausgeschöpft. „Es gibt keinen Rechtsanspruch darauf, dass er hier bleiben darf“, fasst er nüchtern das Ergebnis seiner Eilanträge, seiner Ein- und Wiedersprüche vor den verschiedenen Gerichten zusammen. Zwei bis vier Monate bleiben dem jungen Mann noch, dann muss er Deutschland in Richtung Sri Lanka verlassen.

Anwalt Sürig, Kumas Freunde und Arbeitgeber Kloke haben sich deshalb an den Petitionsausschuss der Bremer Bürgerschaft gewandt. Der könnte die Ausländerbehörde anweisen, in diesem Einzelfall eine Ausnahme zu machen. „Wenn der nicht hier bleiben darf, frage ich mich, was denn jemand noch alles machen soll“, sagt Elektroinstallateur Kloke.

Auch Anwalt Sürig hofft, dass der Weg über die Bürgerschaft Erfolg hat. „Alles andere wäre ein entmutigendes Signal für alle Jugendlichen, die hierher kommen und sich anpassen wollen“, sagt er. „Das würde heißen: Macht hier, was ihr wollt. Es lohnt sich sowieso nicht, sich zu intergrieren und hier mustergültig zu leben.“

Lars Reppesgaard