Diskussion um Sprache in Dänemark: Museum streicht das N-Wort
Das Kunstmuseum Kopenhagen ersetzt in Bildbeschreibungen die Wörter „Neger“ und „Hottentotte“ durch „Afrikaner“. Daran gibt es Kritik.
KOPENHAGEN dpa | Das Staatliche Museum für Kunst (SMK) in Kopenhagen hat das Wort „Neger“ aus den Titeln und Beschreibungen seiner Kunstwerke entfernt und dafür Kritik einstecken müssen. Der Chef der Museumssammlung, Peter Nørgaard Larsen, hatte bei einer Stichprobe unter den 200.000 Werken des SMK 13 Mal das Wort „Neger“ und einmal „Hottentotten“ gefunden. In den Beschreibungen der Kunstwerke seien diese Begriffe durch „Afrikaner“ ersetzt worden, sagte eine Sprecherin am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.
Auch bei Titeln setzte das Museum den Rotstift an. So wurde etwa aus dem Gemälde „Negerkopf“ des niederländischen Hofmalers Karel van Mander III von Dänemarks König Christian IV. der „Kopf eines Afrikaners“. Dabei habe es sich aber nicht um Originaltitel gehandelt, die die Künstler selbst den Gemälden gegeben hätten, sagte die Sprecherin. Vielmehr drehe es sich um namenlose Werke, die Kunsthistoriker vor langer Zeit unter diesen Titeln registriert hätten. Damals sei die Bezeichnung „Neger“ noch geläufig gewesen.
„Ich will mich nicht einmischen, wie das Staatliche Museum für Kunst seine einzelnen Werke präsentiert, aber persönlich finde ich, dass Dänemark ärmer wird, wenn wir unsere Vergangenheit als Kolonialmacht vergessen“, schrieb der dänische Kulturminister Bertel Haarder in einem Kommentar an die Nachrichtenagentur Ritzau.
Auch bei Museumskollegen erntete das SMK mit der nachträglichen Korrektur der Titel Kritik: „Wenn wir die Geschichte entfernen, können wir nicht aus der Geschichte lernen“, sagte Erlend Høyersten, Direktor des Kunstmuseums Aros in Aarhus, der Tageszeitung Politiken. „Das Menschenbild, auf das wir in den alten Titeln und Beschreibungen von Kunstwerken stoßen, kann etwas darüber aussagen, wo wir heute sind und wie weit wir gekommen sind.“ Ähnlich äußerte sich die Vize-Direktorin des Kopenhagener Nationalmuseums, Camilla Mordhorst, in der Zeitung: „Wenn man die Geschichte korrigiert, riskiert man, die historische Tiefe zu verlieren.“
Leser*innenkommentare
Karl Müller
Ignoranten...
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12294 (Profil gelöscht)
Gast
Eine überaus problematische Entscheidung. Durch die Änderung des Titels wird ein Stück Kunstgeschichtsschreibung ausgelöscht. Sprache ihrer Geschichte beraubt. Wie soll in Zukunft jemand etwa eine wissenschaftliche Untersuchung zum Rassismus in der Kuratiergeschichte schreiben, wenn hier das Primärmaterial vernichtet wird? Mich schaudert bei dem Gedanken, was als nächstes kommen könnte.
Soungoula
Bloß dass es hier gar nicht um "Primärmaterial" geht. Wie dem Text zu entnehmen ist, war das erwähnte Gemälde ursprünglich titellos. Es gibt also keinen Grund, einen im Laufe der Zeit aus der Hand Dritter entstandenen Titel nun im weiteren Laufe der Zeit mit der Hand weiterer Dritter wieder zu ändern.
Entscheidend ist für die Forschung, dass die ursprüngliche Benennung des Gemäldes dokumentiert bleibt, damit man die Bezeichnungsprozesse und die dahinter liegenden Überlegungen nachvollziehen kann. Spätestens durch die jetzt entstandene Debatte dürfte das mehr oder weniger automatisch sichergestellt sein.
fly
Konsequenterweise müsste man wahrscheinlich auch eine Ethikkommission einsetzen, die beurteilt, ob die Darstellungen diskriminieren. Wenn ja, muss das "Kunstwerk" dauerhaft entfernt werden.
Tom Schillich
@fly Der Titel ist nicht vom Künstler gegeben sondern vom Museum und das vermutlich lange nach der Erzeugung des Bildes. Der Titel ist somit (in diesem Fall) kein Teil des Werkes und historisch separiert.