LeserInnenbriefe
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Artensterben überall

betr.: „Wildbienen im Norden stark gefährdet“, taz vom 27. 2. 17

In diesem Artikel wird erwähnt, dass die Wildbienen stark gefährdet sind. Die Lage für die Insekten insgesamt ist aber ebenso dramatisch. In Deutschland gibt es über 330.00 Insektenarten (weltweit sogar weit über eine Million). Die Insekten stellen mit der Besiedlung aller möglichen Lebensräume und den unterschiedlichsten, zum Teil hoch interessanten Lebensweisen die erfolgreichste Tierklasse (75 Prozent der einheimischen Tiere sind Insekten) dar.

Der Entomologieverein Krefeld, der seit etwa dreißig Jahren konstant und regelmäßig die Artenvielfalt und Biomasse der Insekten an verschiedenen Standorten in Nordrhein-Westfalen dokumentiert, hat festgestellt, dass in den letzten Jahren die Biomasse der Insekten und auch die Artenvielfalt dramatisch abnimmt (an einigen Probestellen von etwa 1,3 Kilogramm pro Probenstelle auf etwa 300 Gramm), was einen Rückgang von 60 bis 80 Prozent bedeutet. Dieses große heimliche Artensterben hat gravierende Auswirkungen auf die Nahrungskette (zum Beispiel für Vögel, Fledermäuse, verschiedene Reptilien und Amphibien) und auch auf die Bestäubungsleistung für die Welt der Blütenpflanzen.

Die Ursachen für das so plötzliche Artensterben sind nicht wirklich geklärt, zumal einige Probestellen paradoxerweise in Naturschutzgebieten liegen. Vermutlich ist aber ein multifaktorieller Mix aus der immer noch fortschreitenden Landschaftsversiegelung, dem hohen Einsatz von Pestiziden, der Überdüngung in der Intensivlandwirtschaft, der Verödung der Vorgärten und dem Fehlen von geeigneten Lebensräumen für die Insekten verantwortlich. Verbunden damit ist insgesamt ja auch ein weiterer Rückgang der Artenvielfalt bei anderen Tier- und Pflanzengruppen zu beobachten. In der öffentlichen Wahrnehmung finden leider nur Hightlightarten wie beispielsweise Wolf, Luchs oder Wildkatze diskursive Resonanz.

Wer nun aber beispielsweise etwas für den Wildbienenschutz tun möchte, möge bitte die Finger von den meist fachlich falsch konstruierten und auch vom Nutzen her manchmal schädlichen kommerziellen Insektenhotels aus Baumärkten und von anderen Anbietern lassen. Und was die Angebote an Pflanzen für den Garten betrifft, möge man sich vorher informieren, da manche sogenannte Bienensaaten nur auf die Honigbiene orientiert sind und somit den anderen Wildbienen kaum nützlich sind.

WERNER EPPSTEIN, Mannheim

Krieg gegen die Bevölkerung

betr.: „Journalismus ist kein Verbrechen“, taz vom 1. 3. 17

Ich finde es sehr löblich, wie Sie sich für Ihren Kollegen einsetzen – und beschämend, dass der Grund dafür ein deutscher Pass ist. Derzeit führt der türkische Staat Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Und deutsche Gerichte verfolgen hier mit der uns aus der Türkei leidlich bekannten Art Menschen, die sich gegen diesen Krieg einsetzen. Solche Urteile sind nur die Spitze einer Kriminalisierung kurdischer Aktivist*innen, deren Verbrechen darin besteht, sich für eine Gesellschaft einzusetzen, die für Geschlechterparität, ethnische und weltanschauliche Vielfalt und ein friedliches Miteinander steht. ARMIN FAHL, Freiburg

Zeitarbeit reregulieren

betr.: „Hartz IV, die namenlose Hölle“, taz vom 28. 2. 17

Diese ganze Agenda 2010 funktionierte nicht ohne das zentrale Repressionsinstrument: die Zeitarbeit. Sie ist zusammen mit den unseligen Sanktionen der Hebel, mit der Leute in jeden Job gepresst werden können. Dort herrscht durch miese Arbeitsbedingungen, schlechte Bezahlung und Wildwuchs mit ausgeprägter Konkurrenz und skrupellosen Zeitarbeitsunternehmen ein Kommen und Gehen. Jeder Folgeauftrag mit einem Tag Pause ist eine Neueinstellung und für den Jobcentermitarbeiter eine Vermittlung (Quote!).

Die Zeitarbeit hat vor allem die niedrig qualifizierten Jobs in fester Hand – selbst in Regionen, in denen nahezu Vollbeschäftigung herrscht, sind einfache Tätigkeiten direkt bei Unternehmen fast nicht zu finden. Das gilt für den Lagerarbeiter ebenso wie für die einfache Bürofachkraft. Das zentrale Vergehen an den in Deutschland Beschäftigten war die Deregulierung der Zeitarbeit. Wenn die SPD eine Reregulierung anstieße und bis zur Bundestagswahl durchsetzte, käme die AfD auf höchstens 3 Prozent. Und Schulz wäre Kanzler. JÖRG RUPP, Malsch

Mehr Analyse der Arbeitswelt!

betr.: „Hartz IV, die namenlose Hölle“, taz vom 28. 2. 17

Hallo taz-Redaktion, da AfD, Front National und andere rechtspopulistische Parteien sich zu „Parteien der Arbeiter und Arbeitslosen“ entwickelt haben (siehe Wähleranalysen), möchte ich anregen, mehr Berichte und Analysen über Arbeitswelt/Gewerkschaften/linke Arbeitnehmerstrategien in der taz wieder aufzunehmen. Was halten Sie davon? Mit Genossen-Grüßen,

JÜRGEN SIEBERS, Hamburg