Prozess gegen korrupte Fifa-Funktionäre: Ganz nah am Sumpf

In New York beginnt der Prozess gegen drei hochrangige Angeklagte aus Süd- und Mittelamerika. 24 weitere bekannten sich bereits schuldig.

Manuel Burga wird von einem Polizisten abgeführt

Manuel Burga wurde schon im Dezember 2015 wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet Foto: imago/Zuma Press

Donald Trump hat die US-Justiz neulich heftig beschimpft. Sie sei „ein Witz und eine Lachnummer“, zeterte er. Um sich vom Gegenteil zu überzeugen, braucht man sich nur die Ermittlungen gegen offensichtlich korrupte Fußballfunktionäre und Marketingmanager aus dem Dunstkreis des internationalen Fußballverbandes Fifa anschauen. New Yorker Staatsanwälte und ihre Helfer haben in den vergangenen Jahren an einem wirklich großen Rad gedreht, um über 40 Beschuldigten Bestechung, Vorteilsnahme, Geldwäsche und eine Verschwörung zur Vertuschung ihrer illegalen Taten nachzuweisen. Am Montag hat der Prozess gegen drei Hauptangeklagte vor einem Bundesgericht in New York begonnen.

Es sind die früheren Fußballverbandsbosse José Maria Marin (Brasilien), Juan Angel Napout (Paraguay) und Manuel Burga aus Peru. Am Anfang des Prozesses steht zunächst die Auswahl der Geschworenen. Am kommenden Montag ist wohl mit den Eröffnungsplädoyers zu rechnen. Dann könnte es Monate dauern, bis Urteile gefällt werden.

Die Angeklagten bekennen sich nicht schuldig, weswegen sich die Beweisaufnahme, während der die Staatsanwaltschaft unter anderem 350.000 Blatt Papier vorlegen möchte, hinziehen könnte. Obwohl es sich bei Marin, Napout und Burga nicht um US-Staatsbürger handelt, konnte die US-Justiz tätig werden, weil ein Gutteil der illegalen Finanztransaktionen über US-Geldinstitute abgewickelt wurde und nach „Title 18, United States Code“ strafbar ist.

Andere Beschuldigte waren gesprächiger, wie zum Beispiel der ehemalige US-Fußballfunktionär und mittlerweile verstorbene Charles Gordon „Chuck“ Blazer. Der ehemalige Generalsekretär des nord- und mittelamerikanischen Fußballverbandes Concacaf und Ex-Mitglied in der Fifa-Exekutive hatte sich quasi zum Kronzeugen aufgeschwungen in einer Affäre, die ihren ersten Kulminationspunkt erreichte, als es im Frühjahr 2015 am Sitz der Fifa in Zürich zu Verhaftungen hoher Funktionäre gekommen war; unter ihnen war der ehemalige Fifa-Vizepräsident Jeffrey Webb, der dann aus der Schweiz in die USA ausgeliefert wurde.

Systematische Korruption

Im Dezember desselben Jahres schlug das US-Justizministerium wieder in der Schweiz zu. Diesmal erwischte es Napout und Alfredo Hawit aus Honduras. Die Puzzleteile ergaben für die Ermittler schließlich ein Bild systematischer Korruption in den Kontinentalverbänden Concacaf und Comnebol, zuständig für Südamerika.

Insgesamt 24 Beschuldigte bekannten sich bereits schuldig. Sie erwarten nach Kooperationen mit den Ermittlungsbehörden mildere Strafen. In zwei Fällen hat die zuständige Richterin Patricia Chen bereits Urteile gefällt. Dabei erhielt Hector Trujillo, Ex-Generalsekrekretär des guatemaltekischen Fußballverbandes, eine Haftstrafe von acht Monaten. Trujillos Kollege Costas Takkas von den Kaimaninseln kam 15 Monate hinter Gitter.

15 Verdächtige warten in ihren Heimatländern außerhalb der USA noch auf Entscheidungen über US-Auslieferungsanträge, darunter auch der in die WM-Affäre in Deutschland verwickelte Strippenzieher Jack Warner (Trinidad und Tobago). Von den drei jetzt in New York Angeklagten ist Marin der prominenteste: Der 85-Jährige gehörte zum Führungszirkel des früheren Fifa-Chefs Joseph S. Blatter und fungierte auch als Oberaufseher der WM-Endrunde 2014 in seiner brasilianischen Heimat.

Damit das Prinzip „Eine Hand wäscht die andere“ nicht Schaden nimmt durch einen unschönen Konkurrenzkampf der großen Vermarktungsfirmen, schlossen diese sich einfach zusammen

Dass es in einer Fußball-Vetternwirtschaft sumpfig zugeht, das ist nach ungezählten Affären ein Allgemeinplatz. Wie die Sumpfgebiete im Detail aussehen, ist aber immer wieder interessant, wenngleich die Muster doch sehr ähnlich sind: Weil sich der Fußball seit Ende der 80er und zu Beginn der 90er Jahre stark kommerzialisiert hat, steigen auch der Wert der TV- und Vermarktungsrechte von Kontinentalmeisterschaften (Copa America, Gold Cup) oder dem Südamerika-Pokal (Copa Libertadores) entsprechend stark an. Die Verbände verhökern diese Rechte an Marketinggesellschaften. Es geht um Dutzende von Millionen Dollar.

Doch die Funktionäre, ob sie nun Marin, Napout oder Burga heißen, wollen profitieren von dem Geldsegen – und zwar nicht nur über üppige Aufwandsentschädigungen. Die Käufer der Rechte bestechen also die Funktionäre, um an die Fleischtöpfe zu kommen, an denen sie nicht selten jahrzehntelang sitzen. Mitunter werden auch Kickback-Geschäfte getätigt, verdeckte Provisionen gezahlt, die sich im Geflecht von Schein- und Briefkastenfirmen verlieren.

In Südamerika waren es vornehmlich drei Marketingunternehmen, mit denen die wichtigen Fußballfunktionäre ihre lukrativen Deals aushandelten: die Torneos y Competencias S.A. von Alejandro Burzaco, mit Sitz in Argentinien. Die Traffic Group von José Hawilla mit Sitz in São Paulo/Brasilien sowie die Full Play Group S.A. von Hugo Jinkis und seinem Sohn Mariano, mit Sitz in Argentinien. In Brasilien und Argentinien ballte sich die Macht des südamerikanischen Fußballs, mit allen Vorteilen (schöner Fußball) und Nachteilen (exzessive Korruption). Wer Chef dieser Fußballverbände war – vor Marin war dies übrigens der berüchtigte Ricardo Teixeira –, der legte sich in ein gemachtes Nest aus Nepotismus.

Scheinbar abgehängte Verbandsfürsten

Und weil das mächtige Kontinentalduo über Gebühr von den Zuwendungen der Vermarkter profitierte, grummelte es schon mal unter den scheinbar abgehängten Verbandsfürsten. Sechs Funktionäre („The Group of Six“) aus eher benachteiligten Regionen, darunter Napout und Burga, wollten 2009 ein größeres Stück vom Korruptionskuchen abhaben.

Alejandro Burzaco (Torneos) zeigte sich einsichtig und zahlte Bakschisch an die gierigen sechs. Und damit das Prinzip „Eine Hand wäscht die andere“ nicht Schaden nimmt durch einen unschönen Konkurrenzkampf der drei großen Vermarktungsfirmen, schlossen diese sich im Frühjahr 2013 einfach zusammen. So vermied man einen hässlichen Streit zwischen Traffic, Comnebol und Full Play bezüglich der Medien- und Marketingrechte der Copa America für die Jahre 2015, 2019 und 2023.

Die neue Firma hieß Datisa. Und mit ihr ließen sich noch bessere Geschäfte machen, zum Beispiel bei der Copa America Centenario, die 2016 in den USA stieg. Das Turnier lief wie geschmiert.

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