Seenotretter nach Treffen mit Seehofer: „Ich bin verblüfft, tatsächlich“

Innenminister Horst Seehofer empfing am Donnerstag den Seenotretter Claus-Peter Reisch. Der ist hinterher fast schon begeistert vom CSU-Politiker.

Claus-Peter Reisch in Hemd und Sakko an der Pforte des Innenministeriums

Reisch traf Seehofer am Donnerstag im Innenministerium in Berlin Foto: dpa

taz: Herr Reisch, schon vor Monaten haben Sie Bundesinnenminister Horst Seehofer per Twitter zu einem Treffen aufgefordert. Am Donnerstag Abend war es dann soweit – hatten Sie ein nettes Gespräch?

Claus-Peter Reisch: Es war definitiv anders, als ich erwartet hatte. Das Treffen war für eine Stunde vereinbart, und wir waren zwei Stunden drin. Es war völlig überraschend für mich, dass Herr Seehofer sich so viel Zeit genommen hat. Er hatte sehr kompetent wirkende Mitarbeiter dabei und er hat viele Fragen gestellt.

Was denn für Fragen?

Er hat sich ganz genau von uns erklären lassen, was unser Schiff, die Lifeline, kann, warum es beschlagnahmt ist, was da gegen mich läuft. Wie viele Menschen wir gerettet haben. Ich habe ihm auch einen Bildband mitgebracht. Ich hatte den Eindruck, dass er sich für unsere Berichte sehr interessiert hat. Er sagte, er hätte das noch nie so geschildert bekommen, wie ich das gemacht habe. Und es hätte seine Sichtweise auf manche Dinge geändert.

Was hatten Sie denn erwartet?

Dass es kontroverser abläuft. Aber es war eine sehr angenehme Gesprächsatmosphäre. Ich habe da ein Stück weit jemand anders kennengelernt als den Horst Seehofer, den man im Fernsehen sieht. Ich bin verblüfft, tatsächlich.

Aber es ging doch sicher nicht nur darum, mal nett zu plaudern, oder?

Nein. Wir sind mit drei konkreten Forderungen ins Gespräch gegangen.

57, ist Kapitän des Seenotrettungsschiffs Lifeline und setzt sich politisch für die Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer ein.

Und was wären die?

Als erstes fordern wir, dass Deutschland 150 der am schlimmsten Geschundenen in Libyen, vor allem Frauen und Kinder, in einem humanitären Akt nach Deutschland holt. Das UNHCR soll diese Personen auswählen. Herbringen könnte sie die Bundeswehr – oder wir mit unserer Lifeline. Horst Seehofer hat gesagt, er werde prüfen, wie es aussieht mit so einem Resettlement-Programm und ich werde diesbezüglich etwas von ihm hören.

Und das zweite?

Wir haben ihn gebeten, er solle doch zusammen mit dem Verkehrsminister dafür sorgen, dass wir mit unserem Schiff mindestens ein Jahr lang humanitäre Einsätze fahren können. Seit das Schiff beschlagnahmt ist, halten wir es die ganze Zeit bereit, es war noch nie so gut in Stand wie jetzt. Es ist perfekt für Rettungseinsätze ausgerüstet und startfertig.

Was war die dritte Forderung?

Die war quasi privater Natur. Als meine schwer kranke Mutter damals in eine Vollpflegeeinrichtung gefahren wurde, habe ich den Fahrer des Rettungstransports kennengelernt. Ein Afrikaner, der hier keine Arbeitserlaubnis hat – deswegen fährt er vier Tage die Woche ehrenamtlich. Er hat sich so liebevoll um meine Mutter gekümmert und ist ein echte Vorbild für mich geworden. Seine Arbeit gehört gesellschaftlich honoriert.

Und?

Horst Seehofer hat mir zugesagt, dass er hier eine Startchance bekommt.

Also würden Sie sagen, Sie waren erfolgreich?

Ich nehme Horst Seehofer beim Wort. Aber erfolgreich war ich erst dann, wenn ich das Ergebnis in der Hand habe.

Sehen Sie den Bundesinnenminister und seine Politik jetzt mit anderen Augen?

Ich habe einen Einblick in seine Arbeit bekommen und er einen in meine. Aber am Ende des Tages bin ich ein pragmatischer Mensch und wir werden uns beide an den Ergebnissen messen lassen müssen.

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