Bundestag debattiert über Impfpflicht: „Sind Kinder weniger wert?“

Die Ampel plant eine Impfpflicht für Ärz­t:in­nen und Co. Sie soll bereits diese Woche beschlossen werden. Der Union geht das nicht weit genug.

Alice Weidel zieht sich die Maske ab

Komplett dagegen: AfD-Frontfrau Alice Weidel will gegen eine Impfpflicht stimmen Foto: Michael Kappeler

Die Ampelkoalition plant eine begrenzte Impfpflicht für medizinische und Pflegeeinrichtungen, die ab dem 15. März gelten soll. Das Gesetz dazu soll noch diese Woche beschlossen werden. An diesem Dienstag fand im Bundestag die erste Debatte hierzu statt.

Die spezielle Impfpflicht soll für Krankenhäuser, Arztpraxen und Rettungsdienste gelten, zudem für Alten- und Behinderteneinrichtungen und entsprechende ambulante Pflegedienste. Erfasst werden alle Beschäftigten der Einrichtungen: Ärzt:innen, Pfle­ge­r:in­nen und Hausmeister:innen. Es wird aber keine Impfpflicht für die Patient:innen, Alten und Behinderten eingeführt.

Die Beschäftigten müssen bis spätestens 15. März nachweisen, dass sie entweder geimpft oder genesen sind oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Der Impfnachweis erfordert eine vollständige (in der Regel zweimalige) Impfung. Wegen des üblichen 14-tätigen Zeitpuffers muss die zweite Impfung also spätestens Ende Februar durchgeführt sein. Als genesen gilt nur, wer per PCR-Test eine Coviderkrankung im letzten halben Jahr nachweisen kann.

Alle Beschäftigten, die keinen derartigen Nachweis erbringen, dürfen nicht mehr in der Einrichtung arbeiten und die Namen der Betroffenen müssen dem örtlichen Gesundheitsamt gemeldet werden. Bei Neueinstellungen ab dem 16. März muss ebenfalls einer der drei Nachweise vorgelegt werden.

Doppelte Sicherheit

Wer sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann, darf also trotzdem weiter mit Kranken und Alten arbeiten. Bei Zweifeln an der Echtheit eines ärztlichen Attestes kann das Gesundheitsamt aber eine Untersuchung anordnen.

Der Gesetzentwurf wurde erst am Montagabend vorgelegt. Bereits am Dienstag debattierte der Bundestag erstmals, am Mittwochnachmittag ist eine Expertenanhörung im Hauptausschuss geplant und schon am Freitag soll das Gesetz im Bundestag beschlossen werden.

Auch der Bundesrat, der zustimmen muss, tritt am Freitag zu einer Sondersitzung zusammen. Die Koalition begründete im Bundestag die spezielle Impfpflicht mit dem Schutz der besonders verletzlichen Personen in medizinischen und Pflegeeinrichtungen. Von geimpftem Personal gehe eindeutig ein geringeres Risiko aus. Regelmäßiges Testen der Ungeimpften sei dagegen weniger sicher. „Hilfsbedürftige Menschen können sich nicht aussuchen, von wem sie behandelt werden“, sagte die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar.

Der CDU/CSU geht die spezielle Impfpflicht nicht weit genug. Der Abgeordnete Thorsten Frei forderte die Impfpflicht auch für die Beschäftigten an Schulen und Kitas. „Sind Kinder weniger wert?“, fragte sein Fraktionskollege Tino Sorge.

Auch Tierärzte unter den Impfern

Ablehnung kündigte nur die AfD an. Die ungeimpfte Fraktionschefin Alice Weidel warf der Ampel und insbesondere der FDP „Wortbruch und Wahlbetrug“ vor. Die ebenfalls ungeimpfte AfD-Abgeordnete Christina Baum, eine Zahnärztin, sprach von „Berufsverboten“.

Eine aktuelle RKI-Stichprobe bei 165 Altenpflegeheimen ergab, dass nur 83 Prozent der Beschäftigten geimpft waren. In 8 Heimen lag die Impfquote sogar unter 50 Prozent. Um das Impftempo, insbesondere bei Booster-Impfungen, zu beschleunigen, sollen künftig auch Zahnärzt:innen, Tier­ärz­t:in­nen und Apo­the­ke­r:in­nen impfen dürfen. Sie müssen sich allerdings zuerst schulen lassen.

Außerdem wird der Instrumentenkasten der Länder wieder leicht ergänzt. Diese sollen künftig wieder einen Shutdown der Gastronomie anordnen können.

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