Arzneiskandal in Gambia: Todesursache Medikamentenpansch

Verunreinigter Hustensaft hat im westafrikanischen Gambia ersten Untersuchungen zufolge möglicherweise 66 Kleinkinder das Leben gekostet.

Eine Sammlung von Flaschen und Verpackungen von Hustensaft

Die Flaschen mit dem für Kinder tödlichen Hustensaft wurden in Banjul Gambia eingesammelt Foto: Milan Berckmans/afp

COTONOU taz | Die Untersuchungen haben erst begonnen. Doch im westafrikanischen Gambia gehen die Behörden davon aus, dass der Tod von 66 Kindern mit der Einnahme von vier Hustensäften in Verbindung steht. Die Säfte Promethazine Oral Solution, Kofexmalin Baby Cough Syrup, Makoff Baby Cough Syrup und Magrip N Cold Syrup sollen alle vom indischen Unternehmen Maiden Pharmaceuticals hergestellt worden sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor ihrem Gebrauch. Wer sie eingenommen hat, soll sich umgehend mit einem Arzt in Verbindung setzen.

Sie stehen unter dem Verdacht, bei den Kindern zu einem akuten Nierenleiden mit Todesfolge geführt zu haben. Nach Informationen der BBC hatten Behörden in Gambia im Juli beobachtet, dass Kinder unter fünf Jahren vermehrt Nierenprobleme haben und mit einer Untersuchung begonnen. Statt Säften sollten Tabletten genutzt werden, empfahlen die Behörden schon vor Monaten.

Laboranalysen bestätigen mittlerweile, dass die Säfte zu hohe Mengen an Diethylenglykol und Ethylenglykol erhalten. Sie sind beim Verzehr giftig und können zu Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall und akuten Nierenschäden bis hin zum Tod führen.

Diethylenglykol und Ethylenglykol gelten als billige Alternative zu Glyzerin, ein Lösungs- oder Verdickungsmittel in vielen Hustensäften. Beide Wirkstoffe sind auch Bestandteil von Frostschutzmitteln und Bremsflüssigkeiten.

Eine ganze Reihe von Skandalen

Medikamentenskandale hat es in Westafrika immer wieder gegeben. 1996 wollte der US-amerikanische Pharmakonzern Pfizer während eines Meningitis-Ausbruchs in Kano in Nordnigeria die Wirksamkeit des Antibiotikums Trovan gegenüber etablierten Medikamenten testen. Von den 200 Kindern, die Trovan erhielten, starben elf, Dutzende erlitten schwere Schäden und bleibende Behinderungen. 15 Jahre mussten die Opfer auf eine Entschädigung warten.

2009 starben ebenfalls in Nigeria 84 Kinder, nachdem sie My Pikin erhalten hatten. Der Saft sollte Schmerzen beim Zahnen lindern. Auch dieser enthielt Diethylenglykol. Die nationale Agentur zur Kontrolle von Lebensmitteln und Arzneien (NAFDAC) sagte damals, dass der Hersteller, Barewa Pharmaceuticals, den verdorbenen Inhaltsstoff von einem nicht registrierten Chemikalienhändler erhalten hatte.

Im April 2022 gab NAFDAC bekannt, im Bundesstaat Kaduna 47 Kartons mit 2,3 Millionen gepanschten Tramadol-Tabletten beschlagnahmt zu haben. Zwei Jahre zuvor entdeckten die Behörden am Flughafen von Lagos bereits 920.000 Tramadol-Tabletten, ihr Ursprungsort: Mumbai in Indien.

Erinnerungen an Skandale um wirkungslose oder verunreinigte Medikamente haben in Westafrika während der Corona-Pandemie für eine große Impfskepsis gesorgt. Immer wieder gab es Spekulationen darüber, dass womöglich minderwertige und nicht ausreichend getestete Dosen auf den Kontinent kommen. Nach Angaben der Afrikanischen Union sind beispielsweise in Niger und Mali nur zehn Prozent der Bevölkerung gegen Corona geimpft.

Aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung, der geringen Ärz­t*in­nen­dich­te und fehlender Krankenversicherungen kaufen viele Menschen Medikamente direkt in der Apotheke oder auf dem Markt. Beispielsweise Mittel gegen Malaria sind nicht verschreibungspflichtig.

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