Berliner Verwaltungsmisere: „Das dauert mindestens fünf Jahre“

 Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch stellt Leitlinien für eine Verwaltungsreform vor. Die sei nur mit Konsequenz und Zähigkeit umzusetzen

Das Bild zeigt einen Schriftzug "Bürgeramt" in einem Behördengang.

Eine besser funktionierende Verwaltung ist ein großes Thema vor der Wahlwiederholung am 12. Februar

BERLIN taz | Verwaltungsabläufe beschleunigen, aber nicht schlicht zentralisieren, mehr Mitarbeiter gewinnen, ohne mehr zahlen zu können, Dinge umsetzen, die schon länger klar sind, aber dennoch nicht voran kommen: Das „Update Berlin!“, das Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch am Mittwoch vor Journalisten präsentiert hat, kommt einer Quadratur des Kreises nahe.

Wenn man eine Verwaltungsreform wirklich wolle, brauche das „Konsequenz und Zähigkeit“, war von Jarasch zu hören. Und viel Zeit: „Das dauert mindestens fünf Jahre.“ 42 Seiten umfasst die Broschüre, die sie vorlegt, erarbeitet nach Grünen-Angaben von mehr als 100 Verwaltungsexperten. Eine von ihnen: Monika Herrmann, die Exbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg: Die sieht die Verwaltungsmisere als Langzeitfolge einer Nachlässigkeit bei der Gründung Groß-Berlins 1920. Da sei eben nicht festgeschrieben worden, welche Ebene für was zuständig sei: der Magistrat und später der Senat oder die Bezirke. Diesen fortwährenden Zustand beschrieb Jarasch als „organisierte Verantwortungslosigkeit“.

Vorschläge der Konkurrenz Auch die CDU und die Senatskanzlei haben sich Gedanken über eine Verwaltungsreform gemacht. Staatssekretär Ralf Kleindiek (SPD) schlägt eine Dreiteilung von Aufgaben vor: Erstens Aufgaben des Senats, zweitens gesamtstädtische Aufgaben, die zwar die Bezirke erledigen, aber nach berlinweit einheitlichen Standards, und drittens reine Bezirksaufgaben.

Stärkere Bezirkschefs Die Bürgermeister wiederum sollen in ihren Bezirken gestärkt werden und eine Richtlinienkompetenz erhalten. Das will samt klaren Zuständigkeiten auch die CDU bei einem Verfassungskonvent „unmittelbar“ nach der Wahl am 12. Februar diskutieren und beschließen. Eine CDU-Idee: Alle neuen Verordnungen und Vorschriften sollen erst mal nur 5 Jahre gelten. (sta)

Erste Vorstöße in diese Richtung hatten die Grünen jüngst über eine Rede von Fraktionschef Werner Graf im Abgeordnetenhaus und einen Leitantrag bei ihrem Parteitag gemacht: Vieles funktioniere nicht in Berlin, die gescheiterte und nun zu wiederholende Wahl vom 26. September 2021 sei nur die Spitze des Eisbergs. Da seien ja gute Punkte dabei, lobte auch der Landeschef der CDU, Kai Wegner, eine Woche später bei deren Parteitag – aber die Grünen würden doch schon sechs Jahre mitregieren und hätten das ja ändern können. Man habe ja nicht erst jetzt damit angefangen, antwortete Jarasch nun auf eine entsprechende Frage, außerdem habe „die Binnensicht des Regierungsalltags“ geholfen, viel dazu zu lernen.

Bei einer besseren Zuordnung von Zuständigkeiten trennt die Grünen im Kern wenig von der CDU – oder dem, was jüngst der dafür zuständige Staatsekretär Ralf Kleindiek (SPD) im Senat vorstellte (siehe Kasten). Es geht aus Grünen-Sicht aber nicht ohne umfassende Einbindung der Bezirke. Ihnen am Ende, so wie zumindest grob von Kleindiek angedacht, nur die Zuständigkeit etwa für Volkshochschulen und örtliche Museen zu lassen, sah Exbürgermeisterin Herrmann nicht als motivierend an. Dass Kleindieks Eckpunkte ohne Beteiligung der Bezirke entstanden seien, kam laut Jarasch zudem bei deren Bürgermeistern parteiübergreifend nicht gut an.

Mit Blick auf Reformvorschläge der CDU hielt Jarasch nichts von einem großen Verfassungskonvent. Der sorge nur für monatelange Verzögerung. Außerdem seien die meisten Dinge ohne Verfassungsänderungen machbar, die eher am Ende der Reform stehen sollen.

Für nicht machbar hält Jarasch auch die Anregung von CDU-Chef Wegner, die Berliner Verwaltungsmitarbeiter besser zu bezahlen, nämlich auf dem Niveau von Bundesbehörden, mit denen das Land Berlin um Arbeitskräfte konkurriert. „Nicht, dass das nicht wünschenswert wäre“, sagte Jarasch. Aber es ist aus ihrer Sicht nicht zu bezahlen – „wir können nicht einen so großen Schluck aus der Pulle nehmen.“

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