Die Wahrheit: Dünnhäutige Mafiosi

Wie jetzt? Gewisse Südfrüchte verlieren ihre Namen und bekommen einheitliche Bezeichnungen. Clementine, mach was!

Es gibt keine Mandarinen mehr. Und Clementinen und Satsumas auch nicht. All diese kleinen, orange Zitrusfrüchte heißen jetzt Easy Peeler. Sie werden nicht länger nach ihrem Geschmack, sondern nach ihrer Dünnhäutigkeit klassifiziert: „leicht zu schälen“.

Man soll zwar Äpfel nicht mit Mandarinen vergleichen, aber warum dürfen Äpfel ihre Sortennamen wie Cox, Oma Schmidt, Braeburn und so weiter behalten? Haben die kleinen Zitrusfrüchte den heiligen Christophorus verärgert, der für sie zuständig ist? Vielleicht hat er lediglich etwas verwechselt, denn Christophorus ist auch für Sicherheitskräfte zuständig. Und Polizisten werden auf den Britischen Inseln auch Peeler genannt, weil Robert Peel 1829 in London die erste professionelle Polizei gegründet hatte.

Zurück zu den essbaren Dünnhäutigen. Auf dem Social-News-Netzwerk Reddit behauptet ein Clifford48, dass sein Vater den Begriff Easy Peeler erfunden und dafür eine Familienreise nach Israel gewonnen habe. Vermutlich nach Jaffa. Ein MrQuippy war bei dem Wettbewerb dankenswerterweise mit „Easy Peasy Orange Peelly“ gescheitert.

Paul Chuter, Direktor eines Obstgroßhandels und selbst ernannter Zitrusfreak, gibt hingegen der EU die Schuld. Weil eine neue Hybridclementine nicht Clementine heißen durfte, so behauptet er, setzte sich stattdessen Easy Peeler durch. Chuter verriet einen Geheimtipp: Nadorcotts! Die sind 1982 durch eine Kreuzung zwischen der Murcott-Honigmandarine und einer unbekannten Sorte entstanden. Ein Herr Nadori hat sie entdeckt und nach sich selbst benannt. Aber Nadorcotts sind auch längst Easy Peeler.

Tangerine

Dabei haben die verschiedenen Sorten alle eine unterschiedliche Geschichte, schreibt Frank McNally in der Irish Times. Tangerinen kamen 1840 aus China, Satsumas vierzig Jahre später aus Japan, und Clementinen waren das Produkt einer versehentlichen Paarung zwischen einer Tangerine und einer Bitterorange. Der Experte Bruce McMichael erklärt, dass diese Früchte „höchst promiskuitiv“ seien und es praktisch mit jeder dahergelaufenen Apfelsine trieben.

McNally ist aber auch auf eine unheilvolle Seite von Zitrusfrüchten gestoßen. Er glaubt, dass Orangen offenbar wie eine Todesfee die Kraft der Vorsehung haben. Als Fan von Mafiafilmen sei ihm aufgefallen, dass das Ende eines Gangsters nahe, wann immer eine Orange auftauche. So kaufte Don Corleone an einem Obststand ein paar Orangen und wurde wenig später niedergeschossen. Kurz nachdem er seinen Enkel mit einem Stück Orange im Mund erschreckt hatte, starb er an einem Herzinfarkt. Als sein Sohn Sonny Corleone von Barzinis Männern am Long Beach Causeway erschossen wurde, prangten nebenan Orangen auf einer Plakatwand. Und Don Fanuccis Henkersmahlzeit war eine Orange.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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