Gefühlte Inflation höher als reale: Diskrepanz in Deutschland hoch

Eine Analyse zeigt: Die gefühlte Inflation liegt in Deutschland derzeit bei 18 Prozent. Das beeinflusst das Kaufverhalten.

Person mit Hut neben Auslage von Obst

Bei Lebensmitteln des täglichen Bedarfs fallen steigende Preise besonders auf Foto: Jon Nazca/rtr

BERLIN rtr | Die von Verbrauchern wahrgenommene und die tatsächlich ermittelte Inflation klaffen einer Studie zufolge in Deutschland besonders stark auseinander. Die gefühlte Inflationsrate habe im Mai mit 18 Prozent fast dreimal so hoch gelegen wie die offiziell ermittelte Teuerung von 6,1 Prozent, wie der Kreditversicherer Allianz Trade am Montag zu seiner Analyse mitteilte.

„Das ist nicht unerheblich, denn die gefühlte Inflation beeinflusst das Handeln der Verbraucher stark, zum Beispiel beim Kaufverhalten“, sagte die Senior-Volkswirtin von Allianz Trade, Jasmin Gröschl. „Diese Diskrepanz spielt also gerade für die Wirtschaft und die Unternehmen sowie für die Zinspolitik eine wichtige Rolle.“ In der Eurozone insgesamt lägen beide Werte um rund 9 Prozentpunkte auseinander, in Deutschland dagegen um rund 11.

Dieses Auseinanderklaffen habe verschiedene Gründe. So achteten Verbraucher beispielsweise stärker auf Preisänderungen bei häufig anfallenden Einkäufen wie Lebensmittel und Getränke, Kraftstoff oder sonstigen Besorgungen im Supermarkt. „Wenn dort diese Preise überdurchschnittlich steigen, neigen die Menschen dazu, eine wesentlich höhere Teuerung zu empfinden“, hieß es.

Aber auch psychologische Aspekte, demografische und regionale Unterschiede sowie individuelles Konsumverhalten könnten dazu führen, dass Verbraucher den Preisanstieg anders beurteilen als die offizielle Messung. „So entstehen ein verzerrtes Bild und eine starke Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen und tatsächlichen Inflation“, so die Studie.

Schwacher Euro hat Inflation erhöht

Nicht nur in der Wahrnehmung der Inflation bestehen viele Unterschiede, in Europa sowie im deutschsprachigen Raum klaffen die offiziellen Teuerungsraten ebenfalls weit auseinander. Im Mai reichte die Spanne den Angaben nach von 2,8 Prozent in Griechenland bis 21,5 Prozent in Ungarn. In Österreich waren es mit 8,8 Prozent mehr als in Deutschland (6,1 Prozent) und der Schweiz (2,2 Prozent).

„Schlüsselfaktoren bei der Inflation sind die geografische Nähe zu Russland, die Abhängigkeit von Energie- und Lebensmittelimporten, staatliche Eingriffe zur Senkung einzelner Preise und die Stärke der jeweiligen Währung“, sagte Gröschl.

In Deutschland kommen demnach alle Faktoren, die die Inflationsrate beeinflussen, zum Tragen: Eine hohe Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland habe die Energiepreisrechnung stark ansteigen lassen. Dem wirkte die Bundesregierung mit der Strom- und Gaspreisbremse entgegen. In der Eurozone insgesamt habe ein schwacher Euro die Inflation erhöht, da in Dollar gehandelte Rohstoffe wie Öl oder Gas dadurch teurer geworden sind.

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