Sanktionspaket der EU gegen Russland: Drittstaaten im Visier

Das Sanktionspaket Nummer elf der EU ist zahnlos geraten. Praktisch könnte es kaum zum Einsatz kommen, wie bereits das Beispiel China zeigt.

Die Flaggen der EU und Ukraine

Flagge zeigen: Die einen sanktionieren, die anderen unterstützen Foto: Christoph Reichwein/picture alliance/dpa

BRÜSSEL taz | Die Europäische Union betritt Neuland: Mit ihrem elften Sanktionspaket gegen Russland nimmt sie erstmals auch Drittstaaten ins Visier, die die bisher erlassenen europäischen Sanktionen umgehen. Betroffen sind vor allem Kasachstan, Armenien, die Vereinigten Arabischen Emirate und China. Die EU könnte Exporte in diese Länder einschränken, hieß es nach der Einigung in Brüssel.

Bisher haben allerdings nur die EU-Botschafter zugestimmt; Ungarn stellt sich weiter quer. Zum Schwur könnte es am Montag beim Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg kommen. Er rechne nicht mit einem ungarischen Veto, sagte ein EU-Diplomat in Brüssel: Die Regierung um Viktor Orbán habe sich bei den Strafmaßnahmen gegen Russland immer wieder quergestellt, am Ende aber klein beigegeben.

Diesmal stand jedoch nicht nur Ungarn auf der Bremse. Auch Griechenland und Deutschland hatten Bedenken. Ungarn und Griechenland kritisierten, dass die Ukraine griechische und ungarische Unternehmen auf eine schwarze Liste mit Unterstützern des russischen Angriffskriegs gesetzt hatte. Deutschland sorgte sich um seine Exporte nach China und in andere Länder, die nun ins Visier der EU geraten sind.

Fast acht Wochen hat es gedauert, bis die Bedenken ausgeräumt waren. Das Ergebnis ist mager: Im Gegensatz zu den zehn vorherigen Sanktionspaketen werden diesmal keine weiteren russischen Wirtschaftsbereiche mit Sanktionen belegt. Es gibt zwar neue „Listungen“ von 71 Personen und 33 Organisationen. Sie fallen im Vergleich zu den bisher verhängten Strafen jedoch kaum ins Gewicht.

Auch das eigentliche Novum, die Schließung von Schlupflöchern, fällt bescheiden aus. Gelistet werden sollen Firmen und Drittstaaten nur dann, wenn es einen direkten Bezug zu Gütern aus der EU gibt, die Russland für seinen Krieg braucht. Es brauche eine klare Abgrenzung zu extra-territorialen Sanktionen, die die EU sonst ablehne, erklärten Deutschland und andere Mitgliedstaaten.

Dem neuen Instrument wurden so die Zähne gezogen. Mehr noch: Am Beispiel China zeigt sich, dass es womöglich gar nicht zum Einsatz kommt. Die EU-Kommission wollte ursprünglich acht chinesische Firmen mit Sanktionen belegen, weil sie kriegswichtiges Material nach Russland liefern. Peking intervenierte, nun werden nur drei russische Firmen mit Sitz in Hongkong mit Strafen belegt.

Die europäischen Bedenken seien „adressiert“ worden, heißt es in Brüssel, dies sei ein diplomatischer Erfolg. Kritiker sehen darin jedoch einen bedenklichen Präzedenzfall. Denn das neue EU-Instrument soll nur in letzter Instanz genutzt werden. Erst wenn alle anderen Bemühungen nicht helfen, soll es Export-Verbote für sensible Waren und Technologien geben. Die EU-Kommission muß sogar eigens nachweisen, dass dies nötig ist.

Immerhin sieht das Sanktionspaket auch eine Verschärfung bestehender Transit-Verbote vor. Somit sollen bestimmte Hightech-Produkte oder Flugzeugteile, die Russlands Militär nützen können, aus Drittstaaten nicht mehr nach Russland kommen. Schon bisher gelten weit reichende EU-Ausfuhrverbote. Nach Angaben der EU-Kommission geht es um ein Handelsvolumen von etwa 50 Milliarden Euro pro Jahr.

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