Sommerbäder und Gewalt: Landnahme bei 30 Grad

Das Columbiabad in Berlin-Neukölln ist zu, weil sich die Mit­ar­bei­te­r:in­nen durch Besucher terrorisiert fühlen. Das darf nicht sein.

Schild am Eingang eines Freibads.

Geschlossene Oase in Neukölln: Das Columbiabad in Berlin Foto: dts/imago

Draußen ist es heiß, trocken und sonnig. Und ein bekanntes Sommerbad in Berlin-Neukölln, das Columbiabad, hat zugemacht, weil die Belegschaft die Pöbeleien, die Gewalt, die Drohungen vorwiegend männlicher Jugendlicher mit Migrationshintergrund nicht mehr erträgt und sich reihenweise krankgemeldet hat. Tausenden von Familien mit kleinen Kindern – übrigens auch vorwiegend mit Migrationshintergrund – und vielen Frei­zeit­schwim­me­r:in­nen wurde so zu Ferienbeginn das Schwimmbad genommen. Das darf nicht sein.

In den sozialen Medien schäumen die Kommentatoren, Ausländerhass, Rassismus, Männerhass haben freie Fahrt. Auch linke Hob­by­schwim­me­r:in­nen sind plötzlich der Meinung, dass an negativen Stereotypisierungen junger Männer mit arabischem Hintergrund doch was dran ist, was soll das ganze pseudopädagogische Gelaber, diese aggressiven Macho-Typen sollen nur noch weg, weg, weg.

Statt über Klischees zu streiten ist Handeln angesagt. Die Hausverbote im Columbiabad müssen durchsetzbar sein, durch Ausweiskontrollen am Eingang. Be­su­che­r:in­nen sollten womöglich nur noch über personalisierte Onlinetickets mit Zeitfenstern Zutritt bekommen, mit Ausnahme von Familien mit kleinen Kindern. Projekte wie „Bleib cool am Pool“, in denen geschulte Ehrenamtliche aus den migrantischen Communities Konflikte im Bad befrieden, müsste man aufstocken. Im Bad sollte eine flächendeckende Videoüberwachung eingerichtet werden. Bademeister, die sich bedroht fühlen, dürfen auf Wunsch mit Body-Cams ausgerüstet werden.

Rassismus- oder Antirassismus-Diskussionen sind hier übrigens fehl am Platz. Hauptbetroffene der Schließung sind Frauen mit kleinen Kindern, aus Neukölln, mit Migrationshintergrund, die nicht verreisen oder mal eben mit dem SUV an einen See fahren können. Es ist einfach so: Eine Minderheit terrorisiert alle anderen, das geht nicht. Punkt.

Die Aufstockungen bei Personal und Security und vor allem die Kontingentierung der Besucherzahlen werden Einnahmen kosten und mehr öffentliches Geld erfordern. Dreisprachige Plakate am Eingang könnten um Verständnis für die Maßnahmen werben. Das Bad ist eine Oase in einem armen Problembezirk und deswegen ein Beispiel dafür, ob bezahlbarer Spaß und Lebensfreude im Sommer auch hier möglich sind oder nicht. Wie dieser Konflikt ausgeht, ist wegweisend auch über das Columbiabad hinaus. Eine Kapitulation darf es deshalb nicht geben.

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Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

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