Haus & Grund in Hannover: Vermieter-Verband voll auf AfD-Kurs

In Hannover nutzt der Haus-&-Grund-Vorsitzende die Mitgliederzeitschrift, um AfD-Positionen zu propagieren – und kaum jemanden scheint das zu stören.

Mitglieder der AfD-Landtagsfraktion halten sich im Plenarsaal Schilder mit der Aufschrift "Keine Heizung ist illegal" vor die Brust.

Wer hat, der gibt nicht gern her: Rohe Bürgerlichkeit blüht bei der AfD wie bei Haus & Grund Foto: Julian Stratenschulte/dpa

HANNOVER taz | WohnArt heißt das Mitglieder-Magazin der Haus & Grund Hannover, es geht an die – nach Vereinsangaben rund 12.000 Mitglieder – und beschäftigt sich normalerweise mit Themen, die für Hauseigentümer und Vermieter eben so interessant sind: Trends im Badezimmer. Renovieren und Sanieren.

Aber auch mit politischen Themen: Straßenreinigungsgebühren, Grundsteuerreform, Abfallwirtschaft. Als Lobbyverband der Besitzenden gilt Haus & Grund bundesweit als quasi von Natur aus CDU- und FDP-nah.

Auch in Hannover wird der Verband von einem ehemaligen CDU-Ratsherrn und Landtagsabgeordneten als Vorstandsvorsitzenden geführt. Rainer Beckmann stellt routinemäßig bisher noch jeder Stadtverwaltung ein schlechtes Zeugnis aus – aber die wurden ja auch lange von der SPD und jetzt eben von den Grünen geführt. Bei der Stichwahl ums Oberbürgermeisteramt, die letztlich Belit Onay (Grüne) gewann, sprach Beckmann eine Wahlempfehlung für den CDU-Kandidaten Eckhard Scholz aus.

In der Juni-Ausgabe der Mitgliederzeitung ging er allerdings noch einen Schritt weiter. Direkt unter dem erwartbar freundlichen Gruppenfoto mit der CDU-Ratsfraktion prangte ein genauso freundliches mit der Spitze der städtischen AfD-Fraktion.

Das sorgte vor allem bei der SPD für Empörung: „Man kann und darf nicht mit Nazis paktieren“, schnaubte SPD-Fraktionschef Lars Kelich und forderte Vereinsmitglieder auf, sich zu distanzieren. Immerhin gälten diese AfD-Ratsherrn als ausgewiesene Björn-Höcke-Fans.

Zwei Seiten Interview mit einem Klimawandel-Leugner

Der Haus-&-Grund-Vorstand empfindet die Kritik als übertrieben: Man habe ja alle anderen Fraktionen auch zu einem Gespräch über die Straßenreinigungsgebühren eingeladen – die anderen seien aber eben nicht gekommen, sagte Beckmann der HAZ.

Für eine Stellungnahme gegenüber der taz war er nicht erreichbar. SPD-Mann Kelich rechtfertigt die Abwesenheit seiner Fraktion im Übrigen damit, dass die Konflikte um die Gebühren ja inhaltlich längst ausgeräumt seien.

Was bei diesem Schlagabtausch fast unterging: Das Foto mit der AfD-Fraktion ist nicht der einzige Ausschlag nach rechts außen. In der gleichen Ausgabe findet sich ein Interview, das Haus & Grund aus einer Internetpublikation mit dem Namen „Eifelon“ übernommen hat.

Auf zwei Seiten breitet der hannoversche Biologe Klaus D. Döhler ohne jede kritische Nachfrage alle gängigen Behauptungen der Klimawandelleugner aus: CO2 ist in Wirklichkeit super für Pflanzen und gar kein Problem, den menschengemachten Klimawandel gibt es nicht, die selbst ernannten Klimaforscher haben sich mit den Grünen und den Profiteuren der Energiewende verschworen, der internationale wissenschaftliche Konsens sei nur vorgegaukelt.

Gespickt wird das Ganze mit pseudowissenschaftlichen Referenzen auf die üblichen Verdächtigen: den Trump-Anhänger David Legates, der sich seine Studien von der amerikanischen Petrolindustrie und Exxon-Mobil bezahlen lässt, zum Beispiel. Oder den russischen Astrophysiker Chabibullo Abdussamatow, der erhöhte Sonnenaktivität für die Erderwärmung verantwortlich macht.

Im typischen AfD-Untergangssound

Woraus Beckmann in einem persönlichen Kommentar bequemerweise schließt, dass dieser ganze Ärger um das Gebäudeenergiegesetz und „Habecks Heizhammer“ doch total überflüssig sei. Garniert mit Medienschelte und dem Vorwurf, Rot-Grün ziele ja in Wirklichkeit auf die „totale Kontrolle aller Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger“.

Auch Beckmanns Editorial in der gleichen WohnArt-Ausgabe atmet den typischen AfD-Weltuntergangssound: Von einem überfordertem Land ist die Rede, der nicht zu stoppenden Inflation, steigenden Flüchtlingsströmen, dem nach dem Zweiten Weltkrieg erarbeiteten Wohlstand, der den Bach runter zu gehen droht.

Das ist nun auch dem ein oder anderen Mitglied zu viel: „Ich bin aus rein sachlichen Gründen Mitglied des H&G-Verbandes und entsetzt darüber, dass von der Mitgliedszeitschrift AfD-nahe, verschwörungsideologische und wissenschaftsleugnende Positionen vertreten werden“, schreibt eine taz-Leserin. Sie überlege, ihre Mitgliedschaft zu kündigen.

Die sachlichen Gründe wiegen allerdings für viele Hausbesitzer schwer: Haus & Grund bietet einen umfassenden Service von Vertragsformularen über Verwaltungsdienstleistungen bis zur Rechtsberatung. Das veranlasst bisher wohl so manchen, über die politische Mission des Vorsitzenden hinwegzusehen.

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