Sanktionen für Serbiens Geheimdienstchef: Letzte Warnung für Vučić

Die USA haben den Chef des serbischen Geheimdienstes auf eine Sanktionsliste gesetzt. Er ist nicht nur ein enger Vertrauter von Präsident Vučić.

Geheimdienstchef Aleksandar Vulin.

Bekannt für seine prorussische Haltung: Der serbische Geheimdienstchef Aleksandar Vulin Foto: Darko Vojinovic/ap

BELGRAD taz | Dem russischen Friedensaktivisten und Putin-Gegner Peter Nikitin ist am Donnerstag auf dem Belgrader Flughafen die Einreise nach Serbien verweigert worden, obwohl er eine Aufenthaltsgenehmigung hat und seine Familie dort wohnt. Über einen Videocall sagte er im Gespräch mit N1, einem der wenigen nicht gleichgeschalteten serbischen Fernsehsender, dass ihm die Grenzpolizisten gesagt hätten, lediglich den Befehl der serbischen Sicherheits- und Informationsagentur (BIA) auszuführen.

Das wunderte niemanden in Serbien. Der Chef des serbischen Geheimdienstes, Aleksandar Vulin, ist bekannt für seine prorussischen und antiwestlichen Sprüche, seine Zuneigung zu Wladimir Putin und seine engen Kontakte mit Moskau. Dort war er im Mai zu Besuch, was heftige Kritik in Brüssel und Washington auslöste.

Der oppositionelle russische Aktivist Wladimir Kara-Mursa warf außerdem dem serbischen Geheimdienst vor, russische Oppositionelle während ihres Besuchs in Belgrad Anfang 2022 abgehört und die Transkripte nach Moskau geschickt zu haben, was zur Festnahme von Kriegsgegnern in Russland führte.

Nun erließ am Dienstag das US-amerikanische Finanzministerium Sanktionen gegen den Chef des serbischen Geheimdienstes, und zwar nicht nur, wie es heißt, weil er „bösartige russische Aktivitäten ermöglichte, die die Sicherheit und Stabilität des Westbalkans degradierten, eine Plattform für den russischen Einfluss in der Region aufbaute“ und seine Funktion den Interessen Russlands unterordnete.

Auf der schwarzen Liste

Die USA setzten Vulin auf die schwarze Liste, heißt es in der Erläuterung, auch weil er in Drogen- und Waffenhandel involviert gewesen sei und Korruption befördert habe.

Das ist der heftigste außenpolitische Schlag für den alles bestimmenden serbischen Staatspräsidenten Aleksandar Vučić, seit er vor fast 11 Jahren an die Macht gekommen ist. Vulin ist einer seiner engsten Mitarbeiter und Vertrauten, unter ihm war er schon Verteidigungs-, Innen- und Sozialminister. Der „kleine Aleksandar“ tut nichts ohne den Segen des „großen Aleksandar“.

„Ich glaube, dass Vučić gar keine Wahl hat, er muss seinen Geheimdienstchef opfern“, sagte der ehemalige serbische Botschafter in den USA, Ivan Vujačić. Wenn er das nicht tue, könnten weitere Strafmaßnahmen folgen. Außerdem würde mit Vulin an der Spitze der BIA kein westlicher Geheimdienst mit dem serbischen zusammenarbeiten wollen.

Seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine übt der Westen vergebens Druck auf Vučić aus, Sanktionen gegen Russland zu verhängen. US-amerikanische Sanktionen gegen seinen Geheimdienstchef sind wohl die letzte Warnung, dass EU-Beitrittskandidat Serbien seine Außen- und Sicherheitspolitik der Union anpassen und mehr für die Überwindung der Krise im Kosovo tun muss. Sonst könnte Vučić der Nächste sein, der mit Sanktionen belegt wird. Einige zwielichtige serbische Geschäftsleute und der Präsident der Republika Srpska in Bosnien, Milorad Dodik, sind schon auf der Liste.

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