Krise der Linkspartei: Vorstand erwägt Konvent

Linkenchefin Janine Wissler greift den Vorschlag eines Abgeordneten für einen Konvent auf. Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch warnt vor dem Ende der Fraktion.

Janine Wissler (Linke), Bundesvorsitzende der Linkspartei Foto: dpa

BERLIN dpa/afp/taz | Nach dem angekündigten Rückzug von Amira Mohamed Ali von der Fraktionsspitze hat sich die Linken-Vorsitzende Janine Wissler offen für einen kurzfristig angesetzten Parteikonvent gezeigt. „Ich begrüße den Vorschlag“, erklärte Wissler am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Er stammt vom Leipziger Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann.

Hintergrund ist der Streit der Parteispitze mit der Ex-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht, die seit Monaten lautstark über die Gründung einer eigenen Partei nachdenkt. Mohamed Ali zählt zu den Vertrauten Wagenknechts. „Die Verantwortlichen aus den Ländern, von der Bundesebene und der Bundestagsfraktion zeitnah zusammenzuholen – notfalls aufgrund der Ferienzeit online –, und das möglichst noch vor der Fraktionsklausur, ist ein vernünftiger Vorschlag, den wir beraten werden“, erklärte Parteichefin Wissler.

Pellmann hatte dem MDR gesagt: „Es wird eine gemeinsame Zukunft mit der Linken nur geben, wenn wir es gemeinsam hinbekommen.“ Deswegen richte er einen „Aufruf an den Parteivorstand und an die Fraktion, sich zusammenzuraufen und zu einem Parteikonvent zusammenzufinden noch vor der Neuwahl des Fraktionsvorstandes und vor dem Bundesparteitag, der im Herbst stattfindet“.

Pellmann hatte bei der Bundestagswahl eines von drei Direktmandaten für die Linke errungen, was den Einzug in den Bundestag in Fraktionsstärke ermöglicht hatte. Die Klausur der Bundestagsfraktion ist für den 30. und 31. August geplant. Danach soll am 4. September eine neue Fraktionsspitze gewählt werden. Der Parteitag zur Europawahl soll Mitte November in Augsburg stattfinden.

Mohamed Ali hatte am Sonntag angekündigt, sie werde bei der Fraktionsvorstandswahl im September nicht mehr kandidieren. Ihre Aufgabe, „den Kurs der Partei, allen voran der Parteiführung, in der Öffentlichkeit zu stützen und zu vertreten“, sei ihr „mittlerweile unmöglich“ geworden. Sie kritisierte insbesondere den Umgang der Parteiführung mit Wagenknecht. Ihr Schritt war auf ein geteiltes Echo gestoßen.

Offengelassen hatte Mohamed Ali in ihrer Erklärung, ob sie perspektivisch in Partei und Fraktion verbleiben will. Auf entsprechende Nachfragen antwortete sie auch am Dienstag im Deutschlandfunk ausweichend: „Ich bin Mitglied der Partei Die Linke, das ist der jetzige Stand, und was die Zukunft bringt, das wird man sehen“, sagte sie dazu nur.

Die 43-jährige gebürtige Hamburgerin zählt zu jenen sieben bis elf Abgeordneten, von denen es aus der insgesamt 39-köpfigen Fraktion heißt, dass sie sich möglicherweise an einem Abspaltungsprojekt von Wagenknecht beteiligen würden. Dies würde das Ende der Linksfraktion bedeuten.

Appell zum Zusammenhalt

Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch warnte Abgeordnete davor, mit Austritten aus der Fraktion deren Fortbestand zu gefährden. „Die Sorge, dass die Existenz der Bundestagsfraktion durch Austritte beendet wird, gibt es“, sagte er dem Tagesspiegel. Wenn drei Abgeordnete die Fraktion verließen, müsse sie liquidiert werden. „Das wäre verantwortungslos“, sagte Bartsch.

Er wolle die Fraktion zusammenhalten und den eigenen Auftrag erfüllen, nämlich linke Politik zu machen, sagte der 65-Jährige Vorpommer, der die Fraktion seit 2015 als einer von zwei Co-Vorsitzenden führt. Über seine eigene Zukunft an der Fraktionsspitze werde er Gespräche führen und „in den nächsten Tagen“ entscheiden, sagte Bartsch.

Der ehemalige Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger forderte grundlegende Korrekturen. „Das bisherige Gebilde wird nicht aufrecht zu erhalten sein“, sagte er den RND-Zeitungen mit Blick auf die beiden Lager in der Linkspartei. „Es muss nun eine offene Diskussion darüber geben, wie es weitergehen soll.“ Zu der anstehenden Neuwahl der Fraktionsführung sagte Riexinger, er hoffe auf eine „Führung, die eng mit der Parteispitze kooperiert“. Er fügte hinzu: „Dass das bisher nicht passiert ist, war Teil unserer Misere.“

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