Globaler Klimastreik: Hallo Fridays, bitte aufwachen!

Ihr wart mal die erfolgreichste Umweltbewegung aller Zeiten – doch jetzt haben andere die Aufmerksamkeit. Bitte, kommt zurück!

Junge DemonstrantInnen mit Plakaten zum Klimastreik

Ak­ti­vis­t:in­nen rufen zum Klimastreiktag auf, Berlin, 20. August Foto: Christoph Soeder/dpa

Sorry, liebe Fridays! Wir müssen reden, aber ernsthaft: Denn irgendwie habt Ihr es verpennt. Ihr wart riesig, Ihr wart superwichtig. Eure Gründerin hat vor der Uno gesprochen, Welt­po­li­ti­ke­r*in­nen wie Merkel oder Obama wollten Greta Thunberg treffen – und dabei gefilmt werden. Eine nicht mal 18-Jährige fetzte sich öffentlich mit Trump und Putin, setzte die Agenda des Planeten. Die Erderhitzung war nicht nur Topthema an Frühstückstischen und in Talkshows, auch in den Regierungszentralen der Welt. Auch viele Konservative machten mit, weil es total en vogue war: Kein Konzern mehr ohne Klimabeauftragten oder Nachhaltigkeitskonzept, Markus Söder hat sogar einen Baum umarmt! Danke, liebe Fridays, Ihr habt den Hitzetod der Erde wahrscheinlich ein bisschen hinausgezögert. Wahrscheinlich seid Ihr die erfolgreichste Umweltbewegung aller Zeiten.

Oder wart Ihr es? Denn dann kamen Corona und Ukraine-Krieg, die Inflation, die Energiekrise – und das Comeback der fossilen Brennstoffe. Wir brauchten Realpolitik und weniger Abhängigkeit von Despoten – und wollten nicht frieren. Da wart Ihr auf einmal weg vom Fenster. Die Realpolitik hat Euch klein gemacht. Oder, liebe Fridays?

Seien wir mal ehrlich: Ihr ruft an diesem Freitag erneut zum „globalen“ Klimastreik auf. Friedlich und bunt, wie sonst auch. Aber – how dare you! – das ist gar kein Event mehr für Millionen. Weltweit findet es schon gar nicht mehr statt, sondern nur noch in wenigen Ländern, in denen es sich die Protestierenden das Streiken leisten können. Euer Klimastreik ist auch ganz schön geschummelt.

Sehr schade, denn natürlich ist die Klimakrise keineswegs gelöst. Ganz im Gegenteil, die Schwaden der gigantischen Waldbrände in Kanada haben in diesem Sommer New York vernebelt, Libyen und Griechenland ersaufen gerade in den Fluten gigantischer Sommergewitter. Wir haben die 1,5 Grad Erderhitzung, denen wir laut Pariser Klimaabkommen möglichst nahe kommen wollen, noch gar nicht erreicht. Aber die Apokalypse naht – vielerorts ist sie sogar schon da.

Ihr habt den Diskurs lange bestimmt – aber wo seid Ihr geblieben, liebe Fridays? Die Schlagzeilen über Eure Forderungen nach einer härteren Klimapolitik sind von denen über Protestierende, die sich auf Straßen kleben oder über den „Heizhammer“ oder die „Deutschlandgeschwindigkeit“ beim Bau von Flüssiggasterminals abgelöst worden. Zwei Mal im Jahr streiken und ab und zu ein paar schlaue Sätze im Fernsehen reichen leider nicht, um durchzudringen. Ab auf die Dorf- und Rathausplätze und bitte ab sofort jeden Freitag Protest! Klimaschutz muss wieder cool und brutal mehrheitsfähig werden. Omas for Future und die ganze Zivilgesellschaft müssen wieder so stark und präsent sein, dass kein Lindner, kein Merz, kein Biden und kein Xi weiter Politik gegen den Erhalt des Planeten treiben kann.

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Ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt. Er hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz.

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