Verbot von rechtsextremen Gruppen: Lange belächelte Gefahr

Der Vorstoß von Bundesinnenministerin Nancy Faeser gegen rechtsextreme Gruppen ist zu begrüßen. Er kommt jedoch spät und hat den Beigeschmack von Wahlkampf.

Pressestatement von Nancy Faeser zum Verbot der rechtsextremen Gruppierung Artgemeinschaft

Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußert sich zum Verbot der rechtsextremen Artgemeinschaft Foto: M. Popow/imago

Es ist der zweite Schlag von Nancy Faeser innerhalb einer Woche. Erst verbot sie die rechtsextremen Hammerskins, nun folgt die völkische Artgemeinschaft. Das Signal der Innenministerin ist klar: Es ist ihr ernst mit dem bereits zu Amtsantritt postulierten Kampf gegen den Rechtsextremismus. Was allerdings einen faden Beigeschmack hinterlässt, ist die Tatsache, dass sie so lange für die Verbote brauchte und dass ihr die Maßnahmen nun auch im hessischen Wahlkampf nützen sollen.

Dabei steht jedoch völlig außer Zweifel, dass es die Richtigen trifft. Beide Verbote waren längst überfällig. Die Hammerskins organisierten seit gut 30 Jahren Rechtsrockkonzerte. Und die Artgemeinschaft war gar seit fast 70 Jahren aktiv – ein völkischer Bund, der sich im Verschlossenen ideologisch stählte und ganz gezielt auch Kinder in die Szene lockte. Das nach außen präsentierte Bild der heidnisch-harmlosen Lagerfeuergemeinschaft ist eine Schimäre.

Hier geht es um nichts anderes als um Neonazis ganz alter Schule: mit kultivierter NS-Folklore, kaum verbrämtem Rassenwahn und Antisemitismus. Dass damit über Jahrzehnte Kinder indoktriniert werden konnten und die Szene sich einen Rückzugsraum schuf, der von der Polizei unbehelligt blieb und auch Terroraffine aus dem NSU-Umfeld anzog, macht das späte Verbot umso fataler.

Es ist symptomatisch. Denn lange Zeit wurde das rechtsextreme Siedlungsmilieu, von den Artamanen bis zur Anastasia-Bewegung, als esoterisch naturverbunden oder absonderlich belächelt – auch von den Sicherheitsbehörden. Aber nicht nur die Artgemeinschaft legt offen, welcher Geist dahintersteckt: Am Ende läuft es auf die Ideologie von Blut und Boden hinaus, mit der Rechtsextreme unter sich bleiben und Raumhoheiten gewinnen wollen.

Völlig richtig, dass Faeser nun einschreitet. Der Szene muss der Boden für neuen Hass genommen werden. Leicht wird das nicht: Die verschworene Gemeinschaft wird ihre Ideologie nicht einfach ablegen, andere Gruppen sind weiter aktiv. Faeser darf nun nicht nachlassen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort, seit 2014. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Bis 2014 vier Jahre lang Teil des Berlin-Ressorts der taz. Studium der Publizistik und Soziologie.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.