+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: 50 Länder für die Ukraine

Die Ukraine meldet 49 Todesopfer bei einem russischem Angriff. Selenskyj fordert vor dem EU-Gipfel in Granada weitere Unterstützung.

Präsident Selenskyj vor der Presse.

Präsident Selenskyj im spanischen Granada am 5. Oktober Foto: Jon Nazca/reuters

Ukraine meldet 49 Todesopfer durch russischen Angriff

Im ostukrainischen Gebiet Charkiw sind Behördenangaben zufolge bei einem russischen Angriff mindestens 49 Menschen am Donnerstag getötet worden. Jermak und der Gouverneur von Charkiw, Oleh Synjehubow, teilten mit, die russischen Streitkräfte hätten gegen 13 Uhr ein Geschäft und ein Café im Dorf Hrosa beschossen. Unter den Todesopfern war nach Angaben des Gouverneurs ein sechsjähriger Junge. Auch unter den Verletzten sei ein Kind. (ap/dpa)

Selenskyj will in Granada um Unterstützung werben

Für das Gipfeltreffen der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) im spanischen Granada hat auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sein Kommen angekündigt. Es wurde erwartet, dass er an die am Donnerstag dort versammelten Staats- und Regierungschefs appelliert, dem von Russland angegriffenen Land weitere Unterstützung und Militärhilfen zukommen zu lassen. Selenskyj hatte bereits am vorangegangenen EPG-Gipfel in Moldau in diesem Jahr teilgenommen.

Die oberste Priorität für sein Land sei die Stärkung der Luftverteidigung, teilte Selenskyj vorab mit. Es seien bereits die Grundlagen für neue Vereinbarungen mit den Partnern Kyjiws geschaffen worden. Nun freue man sich auf die Bewilligung und Umsetzung. „Dies sollte ein produktiver Tag für die Ukraine und Europa als Ganzes sein“, erklärte er.

Die Staats- und Regierungschefs aus etwa 50 Ländern, die sich in Granada versammeln, wollten bei ihrem Treffen unterstreichen, dass sie weiterhin an der Seite der Ukraine stehen – in einer Zeit, in der die Entschlossenheit des Westens teils geschwächt erscheint. „Wenn es darum geht, der Bedrohung durch (Russlands Präsident Wladimir) Putin zu begegnen“, sagte der britische Premierminister Rishi Sunak, „liegt die Stärke in der Einigkeit“. (ap)

Kritik an weiterem Zögern von Scholz bei Taurus-Lieferung

Das anhaltende Zögern von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine stößt bei Grünen, FDP sowie in der Union auf Kritik. Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter forderte Scholz am Donnerstag im Deutschlandfunk auf, „dass er endlich den Weg freimacht für eine vernünftige Unterstützung der Ukraine“. Hier gehe es „nicht um ein einzelnes Waffensystem, da geht es um die Grundhaltung“, sagte Hofreiter.

Der Grünen-Politiker nannte es „ein großes Problem“, von Seiten der Regierung ständig „monatelang über ein Waffensystem zu diskutieren, um es dann zu spät zu liefern“. Es gehe jedoch darum, „Entschlossenheit zu zeigen“, damit Russlands Präsident Wladimir Putin erkenne, dass sich eine Fortführung des Krieges nicht lohne. Deutschland und der Westen müssten die Ukraine „so unterstützen, dass sie den Krieg gewinnen wird“.

Aus der Bundesregierung genannte technische Bedenken gegen eine Taurus-Lieferung, weil für den Einsatz der Waffe aus Deutschland möglicherweise Geodaten geliefert werden oder sogar deutsche Soldaten vor Ort sein müssten, nannte Hofreiter eine „Ablenkungsdebatte“. Die Ukraine sei „in der Lage, mit den Waffen selbst umzugehen“, hob er hervor.

Auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann warf Scholz im Internetdienst X (früher Twitter) „fortwährendes Zaudern mit fragwürdigen Argumenten“ vor. Das Verhalten des Kanzlers sei „unfassbar“, „Trotz gehört in den Kindergarten, nicht ins Kanzleramt“, schrieb sie weiter.

„Die Kommunikation der Bundesregierung zu Taurus ist unehrlich“, schrieb auf X auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. Die Diskussion über technische Fragen wertete auch er als „Ausreden“. „Scholz hatte nie vor zu liefern, gerade weil Taurus hochwirksam für die Ukraine wäre“, warf Röttgen dem Kanzler vor. Dieses Handeln von Scholz sei „unverantwortlich und kurzsichtig“.

Mehreren Medienberichten zufolge lehnt Scholz eine Lieferung der von der Ukraine erbetenen Taurus-Marschflugkörper vorerst weiterhin ab. „Mit der Absage der Taurus-Lieferung bestätigt Scholz den Totalausfall Deutschlands als selbsternannte Führungsnation für europäische Sicherheit und stößt unsere Partner wie Großbritannien und Frankreich vor den Kopf, die bereits Marschflugkörper liefern“, sagte auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter der Bild-Zeitung, die zuerst über das weitere Zögern des Kanzlers berichtet hatte. (afp)

Russische Marine will Schwarzmeerflotte verstärken

Die russische Marine will in der abtrünnigen pro-russischen georgischen Region Abchasien einen Stützpunkt einrichten und so seine Schwarzmeerflotte verstärken. Seine Regionalregierung habe ein entsprechendes Abkommen mit Moskau unterzeichnet, sagte der Anführer der abchasischen Separatisten, Aslan Bschanja, in einem am Donnerstag in der russischen Zeitung Iswestija veröffentlichten Interview. In „naher Zukunft“ werde die russische Kriegsmarine einen „ständigen Ankerplatz im Bezirk Otschamtschire“ an der Schwarzmeerküste haben.

Das Abkommen bezweckt demnach, „die Verteidigungsfähigkeit sowohl Russlands als auch Abchasiens zu erhöhen“, erklärte Bschanja, der in dieser Woche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammentreffen sollte. Diese Art der Zusammenarbeit werde „fortgesetzt, weil sie die grundlegenden Interessen sowohl Abchasiens als auch Russlands schützt“, erklärte Bschanja. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wollte die Information nicht kommentieren.

Moskau unterhält sowohl in Abchasien als auch in der ebenfalls pro-russischen georgischen Region Südossetien ständige Militärstützpunkte. Russland hatte beide Regionen nach dem Ende seines Krieges mit Georgien im Jahr 2008 als unabhängige Kleinstaaten anerkannt und dort Soldaten stationiert.

Seit Russlands Ausstieg aus dem Getreideabkommen mit der Ukraine haben sowohl Moskau als auch Kyjiw ihre Angriffe in der Schwarzmeerregion verstärkt. Das Abkommen hatte der Ukraine trotz des russischen Militäreinsatzes den Transport von Getreide über das Schwarze Meer ermöglicht.

Ende September griffen ukrainische Streitkräfte das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol auf der annektierten Halbinsel Krim an und fügten Moskau damit einen empfindlichen Schlag zu. (afp)

Russland könnte zivile Schiffe angreifen

Großbritannien hat davor gewarnt, dass Russland zivile Schiffe im Schwarzen Meer angreifen und der Ukraine dafür die Schuld geben könnte. Darauf deuteten Geheimdienstinformationen hin, teilte das Verteidigungsministerium in London in der Nacht zum Donnerstag mit. Die Briten gehen davon aus, dass Russland dafür Seeminen in der Nähe ukrainischer Häfen nutzen könnte.

Die britische Regierung hatte Russland bereits vor einigen Wochen einen versuchten Angriff auf einen zivilen Frachter im Schwarzen Meer vorgeworfen. „Die Welt schaut zu – und wir durchschauen die zynischen Versuche Russlands, der Ukraine die Schuld für die Angriffe zuzuschieben“, teilte Außenminister James Cleverly mit. Auch die US-Regierung hatte bereits vor russischen Angriffen gewarnt.

Russland wolle mit ziemlicher Sicherheit vermeiden, dass zivile Schiffe offen versenkt würden, und stattdessen die Schuld für solche Angriffe der Ukraine zuschieben, schrieb das Londoner Ministerium. Mit der Veröffentlichung dieser Einschätzung wollten sie die Taktik Russlands aufdecken und mögliche Angriffe verhindern.

Nach Einschätzung der Briten könnte Russland zivile Schiffe angreifen, die im humanitären Korridor der Ukraine unterwegs sind, um die Ausfuhr von ukrainischem Getreide zu verhindern und die Wirtschaft des Landes weiter unter Druck zu setzen.

Moskau hatte ein Abkommen zum Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer im Juli aufgekündigt. Seitdem hat Russland nach britischen Angaben insgesamt etwa 130 Hafeninfrastrukturanlagen in Odessa, Tschornomorsk und Reni beschädigt. Fast 300.000 Tonnen Getreide seien zerstört worden – die Menge hätte gereicht, um 1,3 Millionen Menschen ein Jahr lang zu ernähren, schrieben die Briten. (dpa)

Aufstellung neuer Reserveregimenter aus Russland

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat bei einer Lagebesprechung des Militärs die Aufstellung neuer Reserveregimenter verkündet. „Zum heutigen Tag haben wir neun Reserveregimenter, die vorbereitet werden und deren natürliche und ständige Auffüllung läuft“, sagte Schoigu am Donnerstag. Der Nachschub an Soldaten werde durch Freiwillige gewährleistet, betonte Schoigu dabei. Allein im vergangenen Monat seien 38.000 Freiwillige und Zeitsoldaten neu hinzugekommen. Vor zwei Tagen hatte er deren Gesamtzahl auf 335.000 beziffert.

Vor mehr als 19 Monaten hatte Russlands Präsident Wladimir Putin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet. Dabei hatte er auch versprochen, dass nur Freiwillige und Zeitsoldaten in den Krieg müssen. Nach mehreren Niederlagen an der Front verkündete er dann im September 2022 eine Teilmobilmachung, bei der offiziellen Angaben nach rund 300.000 Männer für den Kriegsdienst eingezogen wurden.

In Russland ist die Furcht vor einer weiteren Mobilmachung angesichts des sich hinziehenden Kriegs und ausbleibender Erfolge groß. Die politische und militärische Führung in Moskau betont hingegen stets, dass sie ihre Kriegsziele ohne eine weitere Zwangsrekrutierung nur mit Freiwilligen erreichen könne. Im März 2024 sind Präsidentenwahlen – Beobachter gehen davon aus, dass der Kreml zumindest bis dahin versucht, ohne eine beim Volk unpopuläre neue Mobilmachung auszukommen. (dpa)

Abwehr von 24 russischen Drohnen – Infrastruktur getroffen

Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben bei nächtlichen russischen Luftangriffen die meisten der von Russland abgefeuerten Drohnen abgewehrt. Insgesamt seien 29 Drohnen von der von Russland annektierten Halbinsel Krim aus gestartet worden, erklärte die ukrainische Luftwaffe am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. 24 davon hätten die Streitkräfte zerstört. In der zentralukrainischen Region Kirowohrad seien indes Infrastruktureinrichtungen getroffen worden, erklärte die Armee.

Weitere Einzelheiten zu möglichen Opfern oder Schäden machte die Armee nicht. Die Drohnen vom Typ Schahed aus iranischer Produktion wurden ihr zufolge vom Osten der Krim aus gestartet. Sie seien über den im Zentrum und im Süden gelegenen Regionen Odessa, Mykolajiw und Kirowohrad abgewehrt worden, hieß es in der Armee-Erklärung.

Moskau greift fast Nacht für Nacht verschiedene Landesteile der Ukraine mit Drohnen und Raketen an. Insbesondere auf die für die Ausfuhr von Getreide wichtigen Häfen in der Südukraine hat Russland seine Angriffe verstärkt.

Russland hatte sich im Juli aus dem Getreideabkommen mit der Ukraine zurückgezogen, das der Ukraine trotz des russischen Angriffskrieges den Transport von Getreide über das Schwarze Meer ermöglicht hatte. Wie die britische Regierung am Donnerstag erklärte, wurden seitdem durch russische Angriffe 130 Hafeneinrichtungen beschädigt und fast 300.000 Tonnen Getreide vernichtet.

Laut der ukrainischen Beratungsgruppe Defense Express setzte Russland allein im September mehr als 500 Schahed-Drohnen gegen die Ukraine ein. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte in dieser Woche die Europäische Union auf, die Sanktionen gegen Russland und auch gegen den Iran wegen der Lieferung von Kampfdrohnen an Moskaus Streitkräfte auszuweiten. (afp)

Mehr als 60 Ortschaften in Russland ohne Strom

In der westrussischen Region Kursk ist nach offiziellen Angaben infolge ukrainischer Drohnenangriffe in vielen Ortschaften der Strom ausgefallen. Es seien Infrastrukturobjekte in den Landkreisen Sudscha, Korenowo und Gluschkowo attackiert worden, teilte der Kursker Gouverneur Roman Starowoit am Donnerstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Alle drei Kreise grenzen an die Ukraine. In Sudscha und Gluschkowo sind nach Angaben des Nachrichtenkanals „Shot“ auf Telegram zwei Umspannwerke getroffen worden, wodurch in insgesamt 67 Ortschaften der Strom ausgefallen sei. Starowoit bestätigte die Stromausfälle, ohne konkrete Zahlen zu nennen.

Nach Angaben des Gouverneurs wurde zudem die nahe der Grenze gelegene Stadt Rylsk mit Streumunition beschossen. „Eine Frau hat dabei mittelschwere Splitterverletzungen erlitten, sie wurde ins Kreiskrankenhaus eingeliefert und dort medizinisch versorgt“, schrieb Starowoit. Mehrere Häuser, Garagen und Fahrzeuge seien durch die Streumunition beschädigt worden.

Russland führt seit 19 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine und beschießt dabei immer wieder mit Marschflugkörpern, Drohnen und Raketen auch das ukrainische Hinterland. Im Gegenzug klagt auch Moskau über zunehmenden Beschuss seiner Grenzregionen durch die Ukraine. Die Schäden und Opfer stehen allerdings in keinem Verhältnis zu den durch Russland angerichteten Verwüstungen. (dpa)

Ex-EU-Kommissionschef: „Ukraine ist nicht beitrittsfähig“

Der frühere EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat vor einem übereilten Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union gewarnt. „Wer mit der Ukraine zu tun gehabt hat, der weiß, dass das ein Land ist, das auf allen Ebenen der Gesellschaft korrupt ist“, sagte Juncker in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview der Augsburger Allgemeinen. „Trotz der Anstrengungen ist es nicht beitrittsfähig, es braucht massive interne Reformprozesse“, sagte Juncker weiter. Die EU habe mit einigen „sogenannten neuen Mitgliedern“ schlechte Erfahrungen in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit gemacht. Das dürfe sich nicht wiederholen.

Auch dem Land selbst gegenüber sei ein solches Vorgehen nicht fair, gab Juncker zu bedenken. „Man darf den Menschen in der Ukraine, die bis zum Hals im Leid stecken, keine falschen Versprechungen machen.“ Dennoch müsse eine „europäische Perspektive“ für Moldau und die Ukraine, „die sich so tugendhaft (gegen Russland) wehrt und europäische Werte verteidigt“, aufrechterhalten bleiben. Es müsse möglich sein, dass diese Länder „an Teilen der europäischen Integration teilnehmen können“, meint Juncker. „Wir sollten darauf hinwirken, dass so etwas wie ein teilweiser Beitritt möglich wird, eine intelligente Form der Fast-Erweiterung.“

EU-Ratspräsident Charles Michel befürwortet unterdessen einen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union bis zum Jahr 2030 – unter bestimmten Voraussetzungen. „Die Ukraine kann 2030 zur EU gehören, wenn beide Seiten ihre Hausaufgaben machen“, hatte Michel dem Spiegel (Dienstag) gesagt. Er forderte von der EU unter anderem eine Beschleunigung der Entscheidungsprozesse.

Angesichts des russischen Angriffskriegs hat auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wiederholt für einen EU-Beitritt der Ukraine geworben. Bei einer Wahlkampfveranstaltung der bayerischen Grünen in München am Sonntag hatte Baerbock gesagt, es sei Deutschlands Aufgabe, „wenn dieser furchtbare Krieg endlich vorbei ist, dass auch die Ukraine mit in die Europäische Union kommen kann“. Es liege an Deutschland, die EU weiterzubauen. (dpa)

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