Die Liga nach der Länderspielpause: Volksnah auf einem Bein

Über die magische Nagelsmannisierung der Bundesliga. Der deutsche Fußball glänzt sogar bis nach England.

Nagelsmann und Völler.

Es gibt nur ein Rudi Völler! Foto: dpa

Julian Nagelsmann ist der neue Heilsbringer im deutschen Fußball. Zum Start seiner herbergerlangen Karriere als Cheftrainer des DFB schaffte er gleich zwei Spiele ohne Niederlage. Zwei am Stück! Eine Serie, an die sich nur Ältere werden erinnern können.

Nagelsmann ist der volksnahe Revolutionär im Holzfällerhemd. Die Idee, den allseits geschätzten İlkay Gündoğan zum integrativen Kapitän zu machen, hatte schon dieser Versagervorgänger Hansi Flick. Aber einfach dabei zu bleiben, war maximal klug. Obwohl doch alles geändert werden sollte. Was ist mit Gewohnheitskapitän Manuel Neuer? Muss sich hinten anstellen, bis zur Ausheilung seiner Fraktur notfalls auf einem Bein. Und den derzeit unnötigen Platzwegnehmer ­Joshua Kimmich in den Krankenstand zu coachen, darauf muss man erst mal kommen.

Umgehend riss Nagelsmanns Magie auch die Liga mit. War das ein Fest, dieser Spieltag! Offensive Feuerwerke hier, tapsige Defensiven dort – wie beim DFB. Dortmunds Julian Brandt machte Freitagabend den Anfang. 65 Stunden nach US-Abflug schon das Siegtor. Von wegen Jetlag. Am Samstag zog das Nagelsmannsche Bayern-Quintett ausgeschlafen nach: locker 3:1 in Mainz; Musiala tanzte, Goretzka traf.

Die Liga kickt wie befreit, reichlich Auswärtssiege beweisen Selbstbewusstsein und Frische. Mit dem Anpfiff traumkombinierte sich Leipzigs Openda zur Führung in Darmstadt. Und Bochums Paciencia traf in Freiburg zum Tor des Monats. Nur bei Union verfängt der Zauber noch nicht. Gosens, Behrens & Co verloren erneut, aber in Köpenick würden derzeit auch Mbappé und Messi über ihre eigenen Beine stolpern.

Nagelsmann strahlt sogar bis ins Ausland. Real Madrid, angeführt vom Abwehrvirtuosen Antonio Rüdiger, schoss beim 1:1 in Sevilla durch zwei Ex-DFL-Stars beide Treffer selbst: Carvajal und Alaba (Eigentor). Und Brighton hätte mit dem ungewöhnlich offensivlustigen Pascal Groß fast einen Punkt beim großen ManCity geholt (1:2).

Gierige Bewerbungen auf Kaderposten laufen: Hoffenheims Nachwuchsstar Maximilian Beier etwa tort weiter auf dem Weg zum nächsten Nagelsjung. Andererseits: Wem das neue DFB-Dope fehlt, der verkümmert endgültig, siehe Timo Werner, stolpernder Chancentod auch als Einwechselspieler. Dagegen wird der unfassbare VfB-Mittelstürmer Serhou Guirassy, mit jetzt 14 Saisontoren Europas Topscorer, sicher bald eingebürgert. Dann wird Nagelsmanns Deutschland bei der Euro 24 sogar Weltmeister.

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Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).

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