Israel kappt Nord-Süd-Verbindung: Vorrücken nach Gaza-Stadt

Israelische Bodentruppen sind bis nach Gaza-Stadt vorgerückt. Indes bleibt die humanitäre Lage im gesamten Gazastreifen extrem angespannt.

Militärbulldozer bei einem Einsatz.

Die israelischen Bodentruppen rücken weiter vor (Szene vom 29.10.2023) Foto: Israeli Defence Forces/Handout via reuters

BERLIN taz | Israels Bodentruppen sind am Montag bis nach Gaza-Stadt vorgerückt. Dabei hat das israelische Militär auch die wichtigste Verbindung von Nord- nach Südgaza unterbrochen, die Salah al-Din-Straße. Die Gebiete nördlich von Gaza-Stadt, aus denen bereits mehrere Hunderttausend Zivilisten in den Süden geflohen sind, können damit über die Hauptverkehrsader des Gazastreifens nicht mehr erreicht werden.

Nach Angaben des israelischen Militärs wurden in der Nacht von Sonntag auf Montag zudem zahlreiche Hamas-Mitglieder getötet, darunter eine Gruppe, die sich in Gebäuden verbarrikadiert und versucht hatte, von dort aus die israelischen Truppen anzugreifen. Über 20 weitere Hamas-Mitglieder wurden nach israelischen Angaben außerdem durch eine Drohne getötet. Unweit der Al-Azhar-Universität in Gaza-Stadt hat Israels Luftwaffe nach eigenen Angaben zudem eine Raketenabschussstation zerstört. Über 600 Ziele seien seit Freitagabend angegriffen worden. Außerdem wurden mehrere hochrangige Hamas-Mitglieder getötet, darunter der für die „Luftwaffe“ der militanten Gruppe Verantwortliche.

Die ausgeweitete Bodenoffensive sei die zweite Phase des Kriegs gegen die Hamas im Gazastreifen, erklärte Verteidigungsminister Yoav Gallant nach Angaben der israelischen Zeitung The Times of Israel jüngst im Hauptquartier des israelischen Militärs in Tel Aviv. Sie dürfte der Vorbereitung einer vollständigen Bodenoffensive dienen und soll vor allem die Infrastruktur der Hamas zerstören.

Dazu gehören auch die berüchtigten Tunnel der Hamas, die einige „Gaza-Metro“ nennen. Das unterirdische Wegesystem ist Hunderte Kilometer lang, und dient den Kämpfern der Hamas auch als Lager und Schutzbunker. Dort sollen auch die über 220 Geiseln, die am 7. Oktober aus Israel entführt wurden, festgehalten werden. Die erste Phase des Kriegs konzentrierte sich auf Luftschläge und einzelne Bodenoperationen.

1,4 Millionen Menschen auf der Flucht

Laut der Times of Israel sollen in der dritten Phase des Krieges die übrigen „Zellen des Widerstands“ zerstört und eine neue Führung für den Landstreifen gefunden werden. Die vierte und finale Phase sei der vollkommene Rückzug aus Gaza, eine „neue Sicherheitsrealität für die Bürger Israels“ und das Ende von „Israels Verantwortlichkeit für den Gazastreifen“.

Explosionen in einer Stadt.

… auch die Luftangriffe gehen weiter (Szene vom 30.10.2023) Foto: Amir Cohen/reuters

Gaza verfügt über zwei Grenzen, die zu Ägypten und zu Israel. Den Grenzübergang Eretz passieren normalerweise Zehntausende Menschen aus Gaza, die mit einer Sondergenehmigung in Israel arbeiten. Auch ein signifikanter Teil des Güterverkehrs nach und aus Gaza erfolgt über die Grenze mit Israel. Von dort erhält Gaza außerdem Wasser und Strom. Nach dem 7. Oktober kappte Israel zunächst die gesamte Versorgung, mittlerweile kommt etwa wieder halb so viel Wasser wie zuvor im Gazastreifen an.

Gleichwohl bleibt die humanitäre Lage dort extrem angespannt. Nach Angaben des Portals Reliefweb sind etwa 1,4 Millionen Menschen innerhalb Gazas auf der Flucht. Am Sonntag wurde – nach einer Unterbrechung am Samstag – die Lieferung humanitärer Güter aus Ägypten wieder aufgenommen. Mehr als 30 Lastwägen mit Wasser, Nahrungsmitteln und medizinischen Gütern sollen zumindest die schlimmste Not lindern.

Derweil schießt die Hamas weiter Raketen Richtung Israel, unter anderem auf Jerusalem. Auch im Norden des Landes tönen am Montag immer wieder die Sirenen: Die libanesische Miliz Hisbollah beschießt Nordisrael, die israelische Armee bombardiert daraufhin deren Stellungen im Süden des Libanons.

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