Milliardeneinbußen durch Tarifflucht: Die Ampel muss handeln

130 Milliarden Euro sparen Arbeitgeber, weil sie sich nicht an Tarifverträge halten. Das Geld fehlt nicht nur den Arbeitnehmern, sondern auch dem Staat.

Eine Person mit Bauhelm und Trillerpfeife

Um Regierungsvorhaben wie das Tariftreuegesetz ist es zuletzt still geworden Foto: Olaf Ziegler/imago

Tarifflucht ist teuer. Und zwar nicht nur für die Beschäftigten. Auch dem Staat entgehen Unsummen, weil Angestellte weniger verdienen und folglich weniger Steuern zahlen, wenn Arbeitgeber sich nicht an Tarifverträge halten. 27 Milliarden Euro jährlich sind es nach Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die Bund, Länder und Kommunen deswegen weniger einnehmen. Das sind 27 Milliarden gute Gründe für die Ampelkoalition, endlich etwas gegen­ die Tarifflucht zu unternehmen.

Mit den zusätzlichen Steuereinnahmen würden sicherlich auch die Sitzungen der Ampelkoalition weitaus entspannter verlaufen. Ein Dauerthema ist dort nämlich, dass es zu wenige Mittel für viel zu viele Aufgaben gibt. Gleichzeitig wehrt sich die FDP beharrlich sowohl gegen Steuererhöhungen als auch gegen eine Reform der Schuldenbremse, wie sie derzeit SPD und Grüne wieder lauter fordern. Mehr Einnahmen infolge einer höheren Tarifbindung würden der Ampelkoalition unter diesen Umständen mehr finanziellen Spielraum geben.

Auch anderweitig würde der Staat mittelbar durch mehr Tarifbindung profitieren. Denn insgesamt müssten Arbeitgeber rund 130 Milliarden Euro mehr für ihre Beschäftigten aufwenden. Neben den direkten Steuereinnahmen steigen so auch die Abgaben für die Sozialversicherungen. Laut DGB würden davon rund 43 Milliarden Euro in die Finanzierung von Renten, Gesundheitssystem und Co fließen. Und last, but not least hätten die Beschäftigten jährlich 60 Milliarden Euro mehr in der Tasche. Wenn sie die teilweise wieder ausgeben, kommen dabei anfallende Verbrauchsteuern wiederum der Staatskasse zugute.

Die Ampel muss also nur handeln. Zumal die EU sie mit der Mindestlohnrichtlinie eh verpflichtet, etwas zur Stärkung der Tarifbindung zu unternehmen. Am Anfang ihrer Regierungszeit waren SPD, Grüne und FDP da auch überraschend aktiv und versprachen in ihrem Koalitionsvertrag Maßnahmen wie das Tariftreuegesetz. Doch zuletzt war es diesbezüglich auffällig still. Es ist Zeit, dass sich das wieder ändert.

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ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.

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