Budgetstreit in der Regierung: Haushaltsmeister gesucht

Die Ampelkoalition kann ihren Finanzplan für 2024 nicht wie geplant beschließen. Die Regierung muss Eingeständnisse machen, doch ist sie dazu bereit?

Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft schaut durch eine schwere Flügeltür

Auch Wirtschaftsminister Habeck kann's nicht richten Foto: Martin Schutt/dpa

BERLIN taz | Der Problemberg für die Bundesregierung wächst derzeit so schnell, wie sich ihr Handlungsspielraum einengt. Die Ampelkoalition setzte am Mittwoch die für kommende Woche geplante Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 2024 aus. Streit gab es aber auch über das laufende Budgetjahr: Innerhalb der Koalition wurde um eine Aussetzung der Schuldenbremse für 2023 gerungen. Sogar in der Union wurde dies als möglicher Ausweg für die Regierung gesehen, der wegen der verfassungswidrigen Aufstellung des Klima- und Transformationsfonds weiterhin 60 Milliarden Euro im Budgetplan fehlen.

„Die Beschlussfassung des Haushalts 2024 im Bundestag wird nicht, wie bisher geplant, in der kommenden Sitzungswoche stattfinden“, erklärten die Fraktionsvorsitzenden der Regierungskoalition, Christian Dürr (FDP), Katharina Dröge, Britta Hasselmann (beide Grüne) und Rolf Mützenich (SPD) in einem gemeinsamen Statement. Ihr Ziel sei es, „den Haushalt zügig, aber mit der gebotenen Sorgfalt zu beraten, um Planungssicherheit zu schaffen“.

Damit erklärten die Fraktionen Äußerungen des Bundeskanzlers von vergangener Woche als nichtig. Olaf Scholz (SPD) hatte zuletzt noch an den Haushaltsberatungen für das kommende Jahr festgehalten. „Der Deutsche Bundestag wird seine Beratung über den Haushalt 2024 wie geplant fortsetzen, […] der Haushalt soll planungsgemäß zur Abstimmung gestellt werden“, hatte er am vergangenen Mittwoch im Bundeskanzleramt gesagt.

Nun will die Regierungskoalition für klare Verhältnisse in ihrer Finanzplanung sorgen. Am Montagabend hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) eine Sperre für den gesamten Bundeshaushalt verhängt. Damit können die Ministerien keine weiteren Finanzzusagen aus dem laufenden Haushalt tätigen. Von diesem Stopp für geplante Ausgaben ist auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds betroffen, aus dem bei einem Anstieg der Rohstoffpreise Geld in die Gaspreisbremse fließen würde.

Marcel Fratzscher, DIW

„Die Ampel ist zu zerstritten und hält an Dogmen fest“

Priorisierung der Ausgaben gefordert

Damit das Millardenloch im Klima- und Transformationsfonds nicht mit Mitteln aus dem regulären Haushalt gestopft werden muss, könnte die Regierung versuchen, rückwirkend die Schuldenbremse mit einem Nachtragshaushalt außer Kraft zu setzen. Die Ampel könnte versuchen, dies mit einer Notlage im Zuge des Kriegs in der Ukraine zu begründen. Auch unabhängige Finanzexperten sahen das bei einer Anhörung zur Haushaltsplanung am Dienstag im Bundestag als möglichen Weg.

„Einen Schönheitspreis würde das aber nicht verdienen“, sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung der taz. Die Ausnahmeregelung müsse eigentlich am Anfang des Jahres beschlossen werden. „Das hat die Ampel nicht getan.“ Ähnlich wie der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz forderte Jung von der Bundesregierung eine Priorisierung in ihrer Ausgabenliste. Jung sagte, „es dürften nicht willkürlich Schuldenberge aufgetürmt werden“. Merz hatte am Dienstagabend bei „Maischberger“ in der ARD gefordert, dass bei der Kindergrundsicherung, beim Bürgergeld und beim Heizungsgesetz gespart werden solle. „Es geht eben nicht mehr alles.“

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stellt der Regierung angesichts ihrer Haushaltslage ein schlechtes Zeugnis aus. „Die Ampelparteien sind zu zerstritten und halten an ihren Dogmen fest“, kritisierte Marcel Fratzscher gegenüber der taz. Ein Regierungssprecher sagte dagegen in Berlin, die Bundesregierung werde die Herausforderungen bestehen, die Ampel wackele nicht.

Bis Ende des Jahres hat die Regierung Zeit für die Aufstellung eines verfassungsgemäßen Haushalts. Die Verhandlungen über das Aussetzen der Schuldenbremse in der Koalition sprechen für einen langen Weg, der in kürzester Zeit zurückgelegt werden muss.

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